Urteile Arbeitsrecht



Wie privat ist der Terminkalender am Arbeitsplatz?

(Landesarbeitsgericht Mainz, Urteil vom 25.11.2014 – Az.: 8 Sa 363/14)

Allgemein lässt sich feststellen, dass viele Arbeitnehmer ihre dienstlichen Terminkalender wie Lotus Notes oder Outlook ebenfalls für ihre privaten Termine nutzen. Hierbei ist es möglich, diese als privat zu kennzeichnen.

Grundsätzlich ist es unzulässig, wenn der Arbeitgeber private Einträge in Terminkalendern am Arbeitsplatz heimlich kontrolliert. Doch es gibt Ausnahmen.


Die Situation

Bei einer Arbeitnehmerin kam der Verdacht auf, dass sie bei ihren Arbeitszeiten „geschummelt“ hatte. Daraufhin sah ihr Arbeitgeber heimlich in ihren Terminkalender - einschließlich der privat gekennzeichneten Termine.

Der Verdacht bestätigte sich: Die Arbeitnehmerin war an einem Tag nicht auf einer Dienstreise gewesen, sondern nahm an den Bundesjugendspielen ihres Kindes als Zuschauerin teil. Diese Information nutzte der Arbeitgeber als eine Begründung für die Kündigung.


Die gerichtliche Entscheidung

Die Kündigung war wirksam, obwohl ein grundsätzlicher Verstoß gegen die Datenschutzvorschriften vorlag.


Die rechtliche Begründung

Die heimliche Einsichtnahme in die privaten Termine der Angestellten war zwar unverhältnismäßig und deshalb unzulässig, jedoch hätte die Arbeitnehmerin mit diesem Eingriff rechnen müssen, weshalb der Eingriff nicht sonderlich schwerwiegend war.

Vergleicht man nun diesen Eingriff mit dem Arbeitszeitmissbrauch der Arbeitnehmerin, war letzterer viel verheerender. So begründet das Landesarbeitsgericht Mainz seine Entscheidung, dass es zulässig war, die unzulässig erworbenen Informationen als Beweismittel zu nutzen.


Fazit

Die Überwachungsmöglichkeiten des Arbeitgebers über seine Arbeitnehmer sind stark eingeschränkt. Es wird von den Gerichten allerdings berücksichtigt, dass der Arbeitgeber oftmals gar nicht anders seine Kündigung rechtfertigen kann.

Offenbarteine Überwachungsmaßnahme, die zwar gegen die Datenschutzvorschriften verstößt, eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, kann diese dennoch als Beweismittel herangezogen werden und eine Kündigung rechtfertigen.

präsentiert von Kanzlei Dingeldein Rechtsanwälte

Mitgeteilt von
Jane Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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