URTEILE & KOMMENTARE
Duales Studium - wann das BBiG gilt

Auszubildende genießen in ihrem Arbeitsverhältnis besonderen Schutz durch das BBiG. So beträgt die Probezeit im Ausbildungsverhältnis höchstens vier Monate, nach Ende der Probezeit kann der Arbeitgeber nur noch außerordentlich und unter Angabe der Gründe kündigen, dann müssen auch keine Fortbildungskosten zurückerstattet werden und bei Anordnung von Kurzarbeit muss Azubis in den ersten sechs Wochen das übliche Gehalt fortgezahlt werden. Das sind nur einige Beispiele, die vom Arbeitgeber zu beachten sind.


Geltungsbereich des BBiG

Doch für wen gilt das BBiG? Laut Gesetz gilt der besondere Schutz für die Berufsbildung, deren Ausbildungsberuf staatlich anerkannt ist. Dies kann der Ausbildungsordnung entnommen werden. Klar ist, dass klassische Ausbildungsberufe unter das BBiG fallen, wie beispielsweise sämtliche Handwerks- und Industrieberufe.


Ausgenommen vom BBiG

Deutlich wird durch das Gesetz auch, wer nicht darunter fällt: Nämlich diejenigen, deren Berufsbildung auf der Grundlage eines Hochschulgesetzes durchgeführt wird, also sämtliche Studierende an Unis.


Problematisch: Duales Studium

Einordnungsschwierigkeiten bereiten duale Studiengänge und ähnliche Berufsbildungen mit Zwitterstellung, die neben einer theoretischen Ausbildung auch eine praktische Zeit im Unternehmen umfassen. Bei der Frage des Anwendungsbereiches des BBiG kommt es auf die jeweilige Hochschulsatzung an, ob sie die Ausbildung als ein praxisintegriertes (dann nein) oder als ein ausbildungsintegriertes duales Studium dann ja) definieren.




LAG Mecklenburg-Vorpommern,
Urteil vom 29. Januar 2019, 5 Sa 105/18

Gegenstand des Verfahrens war die Kündigung eines Volontär bei einer Zeitung. Der Mitarbeiter war auf Grundlage eines »Studienvertrages« über die Teilnahme an einem dualen Studiengang in Kooperation mit einer Fachhochschule tätig. Ziel war ein Masterabschluss. Das Gericht urteilte, das BBiG sei nicht anwendbar und berief sich dabei auf die Satzung der Hochschule. Es handelte sich demnach um ein praxisintegriertes duales Studium.


Praxisintegriertes duales Studium

Hierbei kann der Mitarbeiter einen Hochschulabschluss erwerben und gleichzeitig Praxiserfahrung in einem Unternehmen sammeln. Er absolviert jedoch hierdurch nicht gleichzeitig eine Berufsausbildung. Für solche praxisintegrierenden dualen Studiengänge gilt das Berufsbildungsgesetz nicht.


Ausbildungsintegriertes duales Studium

Im Gegensatz dazu wird bei dem ausbildungsintegrierten dualen Studium eine vollwertige Ausbildung absolviert, d.h. der Mitarbeiter erwirbt zwei Abschlüsse: einen Studienabschluss und eine »klassische« Berufsausbildung. Häufig wird ein Bachelorstudium mit einer staatlich anerkannten Ausbildung kombiniert. Hinsichtlich des Ausbildungsteils gilt daher uneingeschränkt das BBiG.


Fazit

Für die Praxis wird deutlich, dass hinsichtlich der Anwendung des BBiG bei der Beschäftigung von »dualen Studenten« der berühmte Teufel im Detail liegt. Es ist daher anzuraten, sich über die genauen Studiengestaltung vorab zu informieren, um eine verlässliche Grundlage für die Einordnung des Verhältnisses zu haben.

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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