Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 13.06.2016, Az 3 Sa 23/16
Fünfeinhalb Jahre arbeitete die Klägerin 43 Stunden die Woche für 300 Euro monatlich bei einem Dienstleister auf der Grundlage eines sog. "Praktikumsvertrages". Das entspricht einem Stundenlohn von etwa 1,62 Euro. Nun verlangt sie Nachzahlung auf der Grundlage des Mindestlohnes.
Der vereinbarte Stundenlohn von 1,62 Euro ist sittenwidrig und damit nichtig. Der Arbeitgeber schuldet der Klägerin daher eine Vergütung von 8,50 Euro pro Stunde. Den Differenzbetrag muss er nachzahlen.
Zwar war der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als "Praktikum" bezeichnet worden. Da die Klägerin aber wie andere Arbeitnehmer Arbeitsleistungen erbracht hat, sind diese auch als solche zu vergüten. Daran ändert eine unzutreffende Bezeichnung im Vertrag nichts.
Ein Praktikum liegt tatsächlich nur vor, wenn von einer Ausbildungsstätte ein solches abverlangt wird und das Arbeitsverhältnis auch diesem Zweck dient. Bei einer Beschäftigungsdauer von länger als acht Monaten ist dies in der Regel zu verneinen.
Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
04/2020 - Duales Studium - wann das BBiG gilt
07/2017 - Vorsicht: kein Durchbruch für Freelancer/freie Mitarbeiter durch BSG-Urteil
01/2017 - Schlechte Karten für Scheinbewerber!
01/2017 - Lohnzahlung: Arbeitgeber muss bei Verspätung Pauschale zahlen
01/2017 - Betriebsrente: Keine Hinweispflicht des Arbeitgebers
10/2016 - Kündigung per E-Mail?!
10/2016 - Arbeitsvertrag: Ausschlussklausel seit Oktober unwirksam
10/2016 - Bonuszahlung "auf Null" reduzieren unbillig!
09/2016 - Emojis als Kündigungsgrund
08/2016 - Kurzfristig Urlaub erschleichen?
08/2016 - Wie privat ist der Terminkalender am Arbeitsplatz?
08/2016 - Sachgrundlose Befristung - Rechtsmissbrauch?
08/2016 - Nachtschicht schieben - Zuschlag kriegen!
08/2016 - Wirksame Kündigung trotz Krankheit?
08/2016 - Fristlose Kündigung wegen privater Internetnutzung?
06/2016 - Länger zurückliegende sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als Kündigungsgrund
06/2016 - Unterzeichnung "im Auftrag" sollte vermieden werden
06/2016 - Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot bei altersbedingter Kündigung
06/2016 - Kein Praktikumsvertrag über fünf Jahre
06/2016 - Einfach kündigen, weil Mitarbeiter ihren Kollegen nicht leiden können?
06/2016 - Urteil: Heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz - Schadensersatz?
06/2016 - Urlaub nach Mutterschutz und Elternzeit - aufgeschoben ist nicht aufgehoben!
06/2016 - Jobcenter darf Trinkgeld nicht dem Einkommen anrechnen
06/2016 - Kein Präventionsverfahren in der Probezeit
05/2016 - Tricksereien beim Mindestlohn: Anrechnung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes
05/2016 - Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz?
05/2016 - Kündigung wegen Inanspruchnahme von Elternzeit?
05/2016 - Frauen dürfen nicht weniger Lohn als die männlichen Kollegen bekommen
04/2016 - Anforderung "Deutsch als Muttersprache" in einer Stellenanzeige
04/2016 - Keine wirksame Abmahnung wegen 13 Minuten Verspätung
04/2016 - Eine Kündigung "zum nächst zulässigen Zeitpunkt" ist wirksam
03/2016 - Vorsicht beim Überstundenabbau! Wer krank wird, kann Pech haben.
03/2016 - Abfindung für Alle (1) - Konfliktfrei kündigen: Mitleid als Angriffsfläche
09/2013 - Abgeltung von Mehrarbeitszeit durch Pauschalvergütung
08/2012 - Zuviel des Guten? - Überstunden
06/2012 - Gleichheit nach dem AGG