Urteile Arbeitsrecht



Einfach kündigen, weil Mitarbeiter ihren Kollegen nicht leiden können?

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.03.2012, AZ: 2 Sa 331/11


Die Situation

Ein Mitarbeiter ist unbeliebt, zwei andere machen dem Arbeitgeber deshalb Druck: Geht er nicht, gehen sie. Der Arbeitgeber folgt ihrem Wunsch und kündigt dem störenden Mitarbeiter, um die zwei wertvollen Mitarbeiter nicht zu verlieren.


Die gerichtliche Entscheidung

Die Kündigung wurde in diesem Fall vom LAG für unzulässig erklärt.


Der Hintergrund

Ist die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung zweifelhaft, kann der Arbeitnehmer innerhalb der drei-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. Urteilt das Gericht, dass die Klage begründet ist, dann besteht das Arbeitsverhältnis nach wie vor.


Die rechtliche Bewertung

Viele Arbeitnehmer wollen jedoch nicht mehr in den Betrieb zurückkehren, wie verständlicherweise in dem vorliegenden Fall. Dennoch ist die Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuraten: Wehrt sich der Arbeitnehmer nämlich nicht gegen die Kündigung, wird sie als wirksam erachtet. Greift er sie hingegen mittels Kündigungsschutzklage an, besteht die Chance, das Arbeitsverhältnis mit dem Ziel einer hohen Abfindung zu beenden.


Die rechtliche Bewertung

Viele Arbeitnehmer wollen jedoch nicht mehr in den Betrieb zurückkehren, wie verständlicherweise in dem vorliegenden Fall. Dennoch ist die Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuraten: Wehrt sich der Arbeitnehmer nämlich nicht gegen die Kündigung, wird sie als wirksam erachtet. Greift er sie hingegen mittels Kündigungsschutzklage an, besteht die Chance, das Arbeitsverhältnis mit dem Ziel einer hohen Abfindung zu beenden.


Fazit: stets Kündigungsschutzklage erheben

Es ist stets ratsam für den Arbeitnehmer, Kündigungsschutzklage zu erheben, sofern Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung bestehen. Gerade in dem vorliegenden Fall wird der Arbeitgeber einen hohen Preis dafür zahlen, den Arbeitnehmer für den Fall der Unwirksamkeit der Kündigung nicht wieder im Betrieb aufnehmen zu müssen.



Was erwarten die Gerichte zur Vorbeugung einer Druckkündigung?

In Fällen der sog. Druckkündigung wird die Kündigung nicht ausgesprochen, weil der Arbeitnehmer Mängel in seiner Arbeitsweise zeigt. Deshalb achten die Gerichte besonders darauf, inwiefern der Arbeitgeber versucht hat, die Kündigung zu verhindern – denn der Arbeitgeber muss seiner gesetzlichen Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten nachkommen.

Möglich ist dies z.B. durch Vermittlungsgespräche zwischen den Betroffenen. Diese beinhalten Diskussionen zwischen den Parteien, in welchen sich der Arbeitgeber auch einmal schützend vor den störenden Mitarbeiter stellen muss und dem Druck „wenn er nicht geht, gehen wir“ keinesfalls einfach nachgeben darf. Auch sollten diese Vermittlungsgespräche zu Lösungsansätzen führen, um dem Problem der Druckkündigung entgegenzuwirken.


Was ist zu tun, wenn es zur Druckkündigung gekommen ist?

Suchen Sie einen Anwalt Ihres Vertrauens auf. Die Erfahrung zeigt, dass die Mehrzahl der ausgesprochenen Druckkündigungen von den Richtern als unwirksam erachtet wird. Die Aushandlung einer möglichst hohen Abfindung bedarf Verhandlungsgeschick, den der Laie in eigener Sache häufig nicht besitzt.

Schauen Sie sich hierzu auch das Video "Abfindung" an.

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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