Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 10.11.2015 - 2 Sa 235/15
Ein Arbeitnehmer hatte vor über einem Jahr eine Kollegin sexuell belästigt. Diese vertraute den Vorfall zunächst lediglich der Marktleiterin an. Als sie sich viel später gegenüber ihrem Arbeitgeber offenbarte, kündigte dieser dem Arbeitnehmer trotz langen Arbeitsverhältnisses fristlos.
Das Landesarbeitsgericht erachtete die Kündigung als rechtmäßig: Belästigt ein Arbeitnehmer eine Kollegin sexuell, kann das auch dann eine fristlose Kündigung des langjährigen Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, wenn der Vorfall schon über ein Jahr her ist, sich die Betroffene aber erst sehr viel später gegenüber dem Arbeitgeber offenbart hat.
Der sexuelle Übergriff stellt einen fristlosen Kündigungsgrund dar: Angesichts der Schwere des Vorfalls war es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.
Das Wissen der Marktleiterin ist dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen. Sie hatte nicht die Erlaubnis des Opfers, den Vorfall an die Geschäftsführung weiterzumelden.
Auch länger zurückliegende Pflichtverstöße rechtfertigen eine Kündigung. Im Falle einer außerordentlichen Kündigung ist diese rechtmäßig, sofern es unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Im Falle einer ordentlichen Kündigung ist diese rechtmäßig, wenn zuvor eine Abmahnung ergangen ist. In beiden Fällen gibt es keine zeitliche Begrenzung.
Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte
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