Urteile Baurecht



Verkauf "wie besichtigt" - Augen auf beim Grundstückskauf!

Beim Verkauf gebrauchter Immobilien wird in vielen Fällen die Sachmängelhaftung ausgeschlossen, denn der Verkäufer will in der Regel für Mängel nach Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr in Anspruch genommen werden. Weit verbreitet ist der Ausschluss der Sachmängelhaftung durch die Formulierung im Kaufvertrag "wie besichtigt". Wie ist mit dieser Vereinbarung richtig umzugehen?

Die Vereinbarung stellt einen Haftungsausschluss dar und ist als solcher grundsätzlich möglich. Selbstverständlich können Privatleute, wenn sie dies wünschen, die Haftung des Verkäufers für Mängel am Objekt einschränken oder ausschließen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Mängel vom Verkäufer nicht arglistig verschwiegen werden dürfen und der Haftungsausschluss auch bei einer Beschaffenheitsvereinbarung nicht möglich ist gemäß § 444 BGB. Strittig ist oftmals die Frage, ob Mängel arglistig verschwiegen wurden. Problematisch ist dann in vielen Fällen die Frage, ob der Käufer beweisen muss, dass er nicht aufgeklärt wurde oder umgekehrt der Verkäufer beweisen muss, dass er den Erwerber korrekt aufgeklärt hat. Hierzu zwei Beispiele:

In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH, Urteil vom 12.11.2010, Az.: V ZR 181/09) wurde dem Käufer ein Fertigbauhaus verkauft. Die Baubeschreibung enthielt einen Hinweis auf in der Außenfassade verbauten Asbest. Die Vertragsparteien vereinbarten einen Haftungsausschluss und der Käufer behauptete, dass ihn der Verkäufer nicht explizit mündlich oder schriftlich auf den Asbest hingewiesen habe. Der Käufer klagte auf Schadensersatz und machte als Schadensposition die Sanierungskosten hinsichtlich der Fassade geltend. Zu Recht ? Der BGH gab dem Kläger dem Grunde nach Recht. Zunächst bestätigte das Gericht, dass eine asbesthaltige Fassadenverkleidung einen Mangel im Rechtssinne darstellt. Dann stellten die Richter fest, dass der Hinweis auf den Asbest in der Baubeschreibung nicht ausreicht, es bedurfte eines expliziten Hinweises durch den Verkäufer. Strittig war nun, ob der Käufer oder der Verkäufer hinsichtlich des unterbliebenen Hinweises in der Beweispflicht stand. Der BGH stellte darauf ab, dass grundsätzlich den Käufer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen, treffe. Der Käufer musste demnach im hier zu entscheidenden Fall grundsätzlich beweisen, dass er hinsichtlich des Asbests nicht vom Verkäufer aufgeklärt wurde. Bei diesem fehlenden Hinweis des Verkäufers handelte es sich allerdings um eine negative Tatsache. Aus diesem Grund, so die Richter aus Karlsruhe, seien Beweiserleichterungen erforderlich, da negative Tatsachen (unterbliebener Hinweis auf den Asbest) nun einmal schwierig zu beweisen sind. Das Gericht urteilte, es genüge in diesen Fällen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast, dass der Käufer die vom Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumt. Dass bedeutete, dass auch der Verkäufer darlegen musste, wie er den Käufer aufgeklärt hatte. Da vom Verkäufer kein konkreter Vortrag erfolgte, wie er den Käufer aufgeklärt hatte, gab das Gericht dem Kläger Recht.

Auch in einem Urteil des Bundesgerichtshof vom 30.03.2012, Az.: V ZR 86/11 bekräftigten die Karlsruher Richter diese Rechtsprechung. Der Grundstücksverkäufer muss konkret dazu vortragen, wie er in räumlicher, zeitlicher und insbesondere auch in inhaltlicher Weise den Käufer aufgeklärt haben will. Sodann muss dieser konkrete Vortrag durch den Kläger ausgeräumt werden.

Fazit: Grundstücksverkäufer sind gut beraten, die erfolgte Aufklärung bezüglich Mängeln schriftlich zu dokumentieren und idealerweise vom Verkäufer gegenzeichnen zu lassen. Ist in einem späteren Mängelprozess strittig, ob aufgeklärt wurde oder nicht, muss der Verkäufer darlegen und beweisen, dass er den Käufer hinreichend aufgeklärt hat. Wird ein wirksamer Ausschluss für Sachmängel vereinbart, können Ansprüche gegen den Verkäufer nicht mehr geltend gemacht werden.

Der Käufer eines "Altbaus" sollte gerade bei einem Haftungsausschluss das Objekt sorgfältig auf Mängel hin untersuchen. Mängelprozesse wegen versteckter Mängel sind aufwendig und können durch ein Gutachten eines spezialisierten Bauingenieurs oder sonstigen Sachverständigen vor dem Kauf in aller Regel vermieden werden.

An dieser Stelle ist insbesondere auf vier gesundheitsbelastende Stoffe hinzuweisen, welche vor dem Hauskauf einer Prüfung unterzogen werden sollten und oftmals erst nach Erwerb eines Gebäudes dem Käufer bekannt werden.

  1. Prüfen Sie, ob Schimmel vorhanden ist. Pilzsporen sind (teilweise) krebserregend und lösen Atemwegserkrankungen und Allergien aus.
  2. Lösungsmittel führen in manchen Fällen zu Kopfschmerzen und müssen beseitigt werden.
  3. In gebrauchten Möbeln, in Fertigparkett, in Sperrholz oder in Pressspanplatten kann Formaldehyd enthalten sein. Dieser stark gesundheitsbeeinträchtigende Stoff muss auf jeden Fall beseitigt werden.
  4. Bei einem Verdacht hinsichtlich gesundheitsgefährdender Stoffe sollte gerade auch bei Häusern mit Holzdecken, Holzfußböden etc. eine Untersuchung hinsichtlich der Pestizide (Holzschutzmittel) erfolgen. Gefährlich sind beispielsweise die Mittel "Lindan" oder das dioxinhaltige "PCP", was in Deutschland erst seit 1989 verboten ist. Entdecken Sie die gesundheitsgefährdenden Holzschutzmittel erst nach dem Kauf, und wurde ein Haftungsausschluss vereinbart, müssen Sie aller Voraussicht nach die (erheblichen) Sanierungskosten als Käufer selber tragen!

Tipp: Beim Kauf eines Altbaus sollte eine gründliche Schadstoffuntersuchung durch einen Sachverständigen vorgenommen werden. Gerade dann, wenn Häuser mit Holzdecken, Holzfußböden etc. erworben werden, sollte das Vorhandensein von gesundheitsgefährdenden Holzschutzmitteln überprüft werden. Der Sachverständige (spezialisierter Chemiker oder Raumluftanalytiker) kann zunächst beispielsweise den Hausstaub untersuchen und/oder Proben von Tapeten, Teppichen, Möbeln und Büchern entnehmen. Finden sich Anzeichen einer Belastung, sollte in einem weiteren Schritt eine gründliche Raumluftanalyse erfolgen. Hierzu werden Luftproben in den Wohnräumen entnommen und in einem Labor untersucht. Eine Raumluftanalyse kosten zwischen 1.000,- € und 3.000,- €, wobei Preisschwankungen im Einzelfall möglich sind.

Mitgeteilt von
RA Falk Ostmann
(Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht)
Dingeldein • Rechtsanwälte

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.


Zur Einsicht bitte entsprechendes Urteil aus der Liste unten wählen!



"Die Artikel stellen keine Beratung der Kanzlei Dingeldein Rechtsanwälte dar und wir übernehmen keine Haftung für den Inhalt. Die Artikel dienen lediglich der Orientierung und können allenfalls der Verschaffung eines ersten Eindrucks der allgemeinen Rechtslage unter Vorbehalt dienen. Eine Anwendung auf einen konkreten Fall ist nicht ohne weiteres möglich, denn jeder Einzelfall hängt von einer Vielzahl von Faktoren, Fragestellungen und nicht zuletzt von der Ermittlung und Darstellung der zugrunde liegenden Tatsachen, z.B. durch geeignete Beweiserhebung und -auswertung, ab. Wir empfehlen auf jeden Fall, das persönliche Gespräch mit unserer Kanzlei zu suchen. Gerne können Sie mit uns einen Termin vereinbaren, um zu erfahren, wie ein konkreter Einzelfall vor dem Hintergrund unserer Artikel zu werten sein kann."