Sozialgericht Koblenz, Beschluss vom 08.04.2016 - S 1 R 291/16 ER
Ein Rentner teilte der Service-Stelle des Versicherungsträgers versehentlich eine falsche IBAN an eine unbekannte Person mit, bemerkte aber den Fehler und gab rechtzeitig vor der anstehenden Ren-tenzahlung die richtige Bankverbindung sowohl telefonisch als auch schriftlich bekannt. Die Bank des Rentners korrigierte den Fehler und bestätigte dies entsprechend. Dennoch wurde auf das falsche Konto überwiesen.
Versicherungsträger: Rentner solle sich das Geld beim falschen Empfänger selbst zurückholen
Nachdem der Rentner den fehlenden Zahlungseingang auf seinem Konto moniert hatte, weigerte sich der Rentenversicherungsträger, erneut zu zahlen und meinte, der Rentner könne sich das Geld bei dem falschen Empfänger selbst besorgen. Daraufhin beantragte der Rentner, der für seine Lebens-führung nahezu kein Geld mehr hatte, den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Das Sozialgericht Koblenz entschied durch Beschluss und gab dem Rentenversicherungsträger auf, das Geld unverzüglich auf das richtige Konto des Rentners zu überweisen. Dieser sei für die Fehlbu-chung nicht verantwortlich, da er das richtige Konto noch rechtzeitig mitgeteilt habe. Ihm sei ange-sichts seiner finanziellen Situation auch nicht zumutbar, noch länger auf seine Rente zu warten.
Fatale rechtliche Konsequenzen bei unbemerkten Zahlendrehern
In diesem Fall hatte der Rentner glücklicherweise die Falschüberweisung sofort bemerkt und seiner Bank unverzüglich mitgeteilt. Hierauf stützt sich auch die Entscheidung des Sozialgerichts Koblenz, die nur aus diesem Grund die Rentenversicherung dazu verpflichtete, die Rente rechtzeitig zu überweisen.
Anders kann es aussehen, wenn der Zahlendreher bei der Überweisung zunächst unbemerkt bleibt und erst auffällt, wenn der angedachte Empfänger entsprechend reagiert.
neue Rechtslage seit Umstellung auf die IBAN
Seit dem 1. Februar 2016 ersetzt die IBAN (internationale Bankkontonummer) in der EU die beste-henden nationalen Kontonummern bei Überweisungen. Gegen diese IBAN-Pflicht wurde vor allem angeführt, dass das unübersichtliche IBAN-Format Kunden überfordere. Nichtsdestotrotz haben sich EU-Parlament, Rat und Kommission bereits im Jahr 2011 auf die IBAN-Pflicht geeinigt.
Damit einher geht die neue Einführung des § 675r BGB. Die Norm führte zu einer Risikoumverteilung im deutschen Recht: Bislang war die Empfängerbank verpflichtet, einen Kontonummer-Namens-Abgleich zu tätigen. Diese Bank haftete auch für Fehlleistungen. Die Banken sind jetzt aber nicht mehr zu einer weiteren Überprüfung, z. B. Übereinstimmung des Empfängernamens mit der IBAN, verpflich-tet.
Bank: Geld zurück?
Zumeist will man bei einer Falschüberweisung so schnell wie möglich sein Geld wiederhaben. Setzt man sich allerdings mit seiner Bank in Verbindung, um eine Rücküberweisung bewirken zu könne, wird man in der Regel lediglich auf die Rechtslage verwiesen, wonach eine wirksame Überweisung vorliegt.
Nicht mehr die Banken stehen in der Pflicht, das Geld zurückzahlen, sondern der Empfänger. Nach § 675y Absatz 3 Satz 1 BGB gibt es nunmehr keine Ansprüche gegen den Zahlungsdienstleister (die Bank) bei Angabe einer falschen Kundenkennung.
Man kann von der Bank aber verlangen, dass diese sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten darum be-müht, den Zahlungsbetrag wiederzuerlangen (§ 675y Absatz 3 Satz 2 BGB). Ein erster Schritt ist es, dass man versuchen sollte, über die Bank an den Namen und die Adresse des falschen Zahlungs-empfängers zu kommen. Aus diesem Grund gibt die Daten des Empfängers die Bank heraus. Scheitert eine Kontaktaufnahme mit dem tatsächlichen Empfänger, stellt sich die Frage nach den rechtlichen Möglichkeiten.
Gericht: Einstweilige Verfügung gegen die Bank?
Eine Sperrung des Empfängerkontos durch die Bank per einstweiligen Rechtschutz zu bewirken, um sicherzustellen, dass man den falschüberwiesenen Betrag wieder zurückerlangt, wird nicht stattgege-ben werden (vgl. LG Berlin, AZ 4 O 340/14): Grund dafür ist die neue Regelung des § 675r Abs. 1 BGB, wonach ein Zahlungsvorgang ausschließlich anhand der von dem Zahlungsdienstnutzer ange-gebenen Kundenkennung, also der IBAN, auszuführen ist. Falsche Angaben hindern die Banken nicht an der Ausführung der Überweisung. Sie sind strikt daran gebunden, das Geld auf das Konto zu überweisen, das diese IBAN trägt.
Der richtige Weg: Einstweilige Verfügung gegen den zufällig begünstigten Empfänger
Bei einer Fehlbuchung muss die Empfängerbank den Namen des zufällig begünstigten Empfängers herausgeben. Gegen diesen kann eine einstweilige Verfügung erwirkt werden, damit das Konto erst einmal gesperrt ist. Das Geld muss von dem Empfänger zurückgefordert werden (vgl. LG Berlin, AZ O 340/14).
Die Erfolgsaussichten bei einem Klageverfahren hängen jedoch maßgeblich davon ab, ob der Emp-fänger das Geld überhaupt noch hat, daher ist in der Regel auch die Eilbedürftigkeit gegeben.
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RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte
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