Urteile Verkehrsrecht



Vorsicht, manipulierter Unfall!

Beim Verdacht auf einen gestellten Autounfall muss die gegnerische Haftpflichtversicherung nicht ohne weiteres zahlen, so die Fachzeitschrift "NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht" (Heft 12/2012) mit Hinweis auf ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg

Nach dem Urteil des OLG Nürnberg vom 19.12.2011, Aktenzeichen: 4 U 2659/10, gilt:

"Bei Anhaltspunkten für einen manipulierten Verkehrsunfall muss der klagende Geschädigte den Nachweis führen, dass sich das behauptete haftungsbegründende Verkehrsgeschehen an dem geschilderten Unfallort zur angegebenen Zeit ereignet hat. Zweifel an der Unfalldarstellung sind auch dann begründet, wenn die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen zwar kompatibel sind, diese aber nur durch ein ungewöhnliches Fahrmanöver herbeigeführt worden sein können."

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte das Obergericht "nicht auszuräumende Zweifel", ob es an der von dem geschädigten Anspruchsteller beschriebenen Örtlichkeit tatsächlich zu dem konkret geschilderten Unfallereignis gekommen war. Dies, weil mehrere Umstände vorlagen, die nach der der Rechtsprechung "Beweisanzeichen" dafür sind, dass der Geschädigte mit der Schädigung einverstanden war. Das Gericht würdigte dabei die vorliegenden Indizien:

Zunächst sprach die Art der beteiligten Fahrzeuge für eine Unfallmanipulation. Bei dem beschädigten Mercedes … handelte es sich um ein hochpreisiges, älteres Fahrzeug (ursprünglicher Neupreis im Jahr 2001 über 100.000,00 €). Dieses Fahrzeug wurde nur etwa drei Monate vor dem geltend gemachten Unfall erworben und zwei bis drei Wochen nach dem Unfall wieder verkauft. Die klagende Partei konnte weder für den Erwerb noch für die Weiterveräußerung Kaufverträge vorlegen oder den Namen des Verkäufers nennen.

Bei dem auffahrenden Lancia handelt es sich um ein Fahrzeug mit geringem Wert (Kaufpreis ca. 500,00 bis 1.000,00 €), das erst etwa zwei Monate vor dem geschilderten Unfall angeschafft wurde. Für manipulierte Unfälle ist es - so das Gericht - typisch, dass dem angeblichen Schädiger kein erheblicher Schaden entsteht und der Schaden - wie hier - auf Sachverständigenbasis abgerechnet wird.

Weitere wiederkehrende Beweisanzeichen für gestellte Unfälle betrafen die Beweissituation. Unbeteiligte Zeugen für das Entstehen des Unfallgeschehens standen nicht zur Verfügung. Eine polizeiliche Unfallaufnahme hatte nicht stattgefunden. Fotos von den unfallbeteiligten Fahrzeugen am Unfallort wurden nicht gefertigt.

Neben diesen allgemeinen Kriterien sprach im konkreten Fall auch das Ergebnis des im Berufungsverfahren eingeholten unfallanalytischen Gutachtens gegen eine Schadensverursachung im Zusammenhang mit einem - wenn auch fehlerhaften - Verkehrsverhalten.

Bei der Vielzahl der geschilderten Indizien kam es dem Berufungsgericht nicht entscheidend darauf an, dass eine Verbindung zwischen den beiden Fahrern nicht nachgewiesen war. Es bestanden nämlich bei dem Gericht im Rahmen einer Gesamtschau derart erhebliche Zweifel an der klägerischen Unfallschilderung, dass die Richter nicht von dem in der Klageschrift dargestellten Unfallereignis überzeugt waren.

Damit war der klagende Geschädigte im Rechtsstreit unterlegen.

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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