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Massenkriminalität: Fahrerflucht

Rund 500.000 Ermittlungsverfahren wegen Unfallflucht gibt es jährlich. Grund dafür ist eine Mischung aus Irrglauben, Unwissenheit, aber auch mangelnder sozialer Verantwortung.

Der Irrglaube: Viele Unfallverursacher meinen, ein Zettel am Scheibenwischer des beschädigten Autos reiche aus und man könne danach einfach weiterfahren. Die Unwissenheit betrifft die Folgen des Delikts. Schon bei einem Schaden knapp über 1.000 € muss man mit einer empfindlichen Geldstrafe plus Punkteintrag und einem Fahrverbot rechnen.

Wer einen Unfall verursacht hat, ist verpflichtet, am Unfallort eine angemessene Zeit zu warten. Das heißt, auch schon das Weiterfahren auf den nächstgelegenen Parkplatz stellt Unfallflucht im Sinne des Gesetzes dar.

Auf Nummer sicher geht man, wenn sofort die Polizei verständigt und der Unfall gemeldet wird. Hat man kein Handy dabei, sollte man mindestens eine halbe Stunde am Unfallort warten und danach zur Telefonzelle gehen, um die Polizei anzurufen. Wer den Unfall erst nachträglich meldet, kann trotzdem wegen Fahrerflucht angezeigt werden.

Die Fausregel: Je schwerer der Unfall, desto härtere Konsequenzen drohen dem Flüchtigen. Bei einem Schaden von ca. 1.500 € riskieren Autofahrer durch Fahrerflucht den Entzug der Fahrerlaubnis. Bei Personenschäden und Unfallflucht urteilt das Gericht besonders streng.

Zwar werden rund 40 Prozent der Täter von der Polizei ermittelt und angezeigt, doch das bedeutet keineswegs, dass diese Autofahrer auch tatsächlich vor dem Strafrichter landen. Das Verhalten wird nur unter Strafe gestellt, wenn die Tathandlung auch vorsätzlich begangen wurde. Und das gilt es zu beweisen.

Gibt der Beschuldigte beispielsweise nach einem Parkplatzrempler an, er habe keinen Aufprall gehört, muss die Staatsanwaltschaft ihm nachweisen, dass er den Schaden nicht nur verursacht und bemerkt hat, sondern auch, dass er danach vorsätzlich die Flucht ergriffen hat. Bei der massiven Bauweise vieler Personenwagen ist es durchaus möglich, dass eine Kollision nicht wahrgenommen wird. Dann werden bei der Beweisaufnahme Geräuschmessungen vorgenommen, die feststellen sollen, ob das Geräusch beim Anstoß gegen das andere Auto noch im Innenraum hätte gehört werden können.

Ebenso kommen bei der Beweisaufnahme Kameras zum Einsatz, die den Sichtbereich des Autofahrers kontrollieren, oder Beschleunigungssensoren an den Karosserien, die die Wucht des Aufpralls messen und so die Frage klären sollen, ob der beschuldigte Autofahrer etwas bemerkt hat oder nicht. Viel Aufwand, den die Strafverfolger nur bei wirklich folgenschweren Unfällen mit Fahrerflucht betreiben.

So kommt es, dass viele Beschuldigte mit einem blauen Auge davonkommen. Ihre Verfahren werden entweder vorzeitig eingestellt oder enden mit einem Freispruch. Nichtsdestotrotz ist der Vorwurf der Fahrerflucht ein strafrechtliches Delikt. Die Angelegenheit sollte von einem Fachanwalt Ihres Vertrauens bearbeitet werden.

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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