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Testament für kinderlose Ehepaare

Sobald die Familienkonstellation von derjenigen, die das Gesetz als "klassisch" ansieht, abweicht, stellen sich diverse Fragen hinsichtlich der Konstellation eines gemeinschaftlichen Testaments, die erbrechtlicher, steuerlicher und familienrechtlicher Natur sein können. Wir wollen alle drei Themen aufgreifen, um ein Problembewusstsein zu schaffen und diverse Lösungen aufzuzeigen.


Erbrecht: Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis


Die Praxis zeigt, dass gerade kinderlose Paare dazu neigen, eine Vielzahl von Erben einzusetzen, um niemanden zu benachteiligen. Der Nachteil hierbei ist: Je mehr Erben, desto schwieriger wird die Erbauseinandersetzung, denn viele Köche verderben bekanntlich den Brei.

Wichtig ist es daher, in jedem Fall einen Testamentsvollstrecker einzusetzen, der im Zweifel "den Daumen drauf" haben soll, was die Verteilung des Vermögens anbelangt.

Interessant kann es auch sein, weniger Erben einzusetzen und dafür Vermächtnisnehmer, denen ein bestimmter Geldbetrag oder ein bestimmter Gegenstand mit dem Tod des Längstlebenden vermacht werden soll. So kann die Einigung zwischen wenigen Erben stattfinden und trotzdem eine Vielzahl von Bekannten berücksichtigt werden.


Erbrecht: Pflichtteilsansprüche

Für den Fall von unbeliebten Geschwistern oder ähnlich entfernten Verwandten müssen kinderlose Paare nicht befürchten, dass diese noch einen Anspruch auf den Nachlass haben, sofern andere Erben testamentarisch wirksam eingesetzt worden sind. Außer Kindern und Eltern genießt nämlich niemand einen Pflichtteilsanspruch.

Enterbt werden solche Angehörigen, indem ein Testament verfasst wird, in dem andere Erben eingesetzt werden und die Verwandten schlicht und ergreifend keine Erwähnung finden. 



Steuerrecht: Steuerfreibeträge


Sobald die testamentarisch eingesetzten Personen nicht in engster Blutsverwandtschaft zum Erblasser stehen, genießen diese nur noch einen Steuerfreibetrag in Höhe von 20.000 Euro. Das sollte bei einem großen Barvermögen zunächst einmal keine Rolle spielen. Problematisch wird es allerdings, wenn der Erbe so gezwungen wird, das geerbte Haus zu verkaufen.

Stiefkinder werden wie leibliche Kinder behandelt und genießen ebenso einen Steuerfreibetrag in Höhe von 400.000 Euro. Sofern die Kinder vorverstorben sind, haben auch die Enkelkinder einen Steuerfreibetrag in Höhe von 400.000 Euro.

Urenkel und Eltern bzw. Großeltern des Verstorbenen haben noch eine Steuerfreibetrag in Höhe von 100.000 Euro. Alle anderen Erben müssen je nach Steuerklasse mit einer Besteuerung ihres Erbanteils bis zu 30% abzüglich der 20.000 Euro rechnen.



Familienrecht: Erwachsenenadoption


Sofern die Testierenden zu den Erben ein besonderes familiäres Näheverhältnis haben, aber nicht miteinander verwandt sind, stellt es eine beliebte Möglichkeit dar, eine Erwachsenenadoption vorzunehmen.

Bei einer solchen muss der Adoptierte nicht aus seine leiblichen Eltern verzichten, sondern bekommt zwei weitere hinzu. Zusätzlich genießt er dann wie ein leibliches Kind einen Steuerfreibetrag in Höhe von 400.000 Euro



Bickenbach, den 09.05.2022

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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