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Das neue Nachweisgesetz ab August

Das Nachweisgesetz verpflichtete erstmals im Jahr 1995 den Arbeitgeber, die wesentlichen Bedingungen eines Arbeitsvertrages aufzuzeichnen, zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Nachdem es bislang eine eher untergeordnete Rolle gespielt hat, tritt nunmehr ab dem 01.08.2022 eine neue Fassung in Kraft, die weitaus strengere Voraussetzungen an den Arbeitgeber stellt, als bislang. Ärgerlich ist nicht nur die kurzfristige Verabschiedung des Gesetzesentwurfes am 23.06.2022, sondern auch der vermeintliche Versuch, Transparenz mittels Quantität zu schaffen. Für den Arbeitgeber, der ab dem 01.08.2022 neue Mitarbeiter einstellen will, ist das jedoch kein Trost, denn er ist gut beraten, seine Musterverträge aktualisieren zu lassen. Auf folgende Klauseln ist dabei ein besonderer Augenmerk zu richten:


Zweckbefristung

Soll ein befristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen werden, das nicht kalendarisch, sondern projektbezogen befristet wird, muss ab sofort der sachliche Grund der Befristung konkret umschrieben werden und der Arbeitnehmer darüber informiert werden, dass er mindestens zwei Wochen vorher von der Zweckerreichung in Textform unterrichtet werden muss.


Homeoffice

Während der Pandemie wurde an den Homeoffice-Regelungen bereits gefeilt - dies schlägt sich nunmehr auch in den neuen Arbeitsverträgen nieder. Spätestens jetzt muss aus ihnen hervorgehen, in welchem Umfang der Arbeitnehmer berechtigt ist, von zu Hause aus zu arbeiten. Der Arbeitgeber sollte sich ausdrücklich vorbehalten, hierdurch nicht auf sein Direktionsrecht zu verzichten.


Vergütung

Neu ist, dass nach dem Nachweisgesetz nun für sämtliche Entgeltbestanteile jeweils getrennt die Art, Höhe und Fälligkeit der Auszahlung anzugeben ist. Dies gilt neben Sonderzahlungen auch für Schichtzuschläge und Überstunden.


Arbeitszeit

Neben der Arbeitszeit sind nach dem Nachweisgesetz nun auch die konkreten Ruhepausen, so wie es das Arbeitszeitgesetz vorschreibt, anzugeben. Hierbei ist jeweils zu differenzieren zwischen Voll- und Teilzeit sowie zwischen Schichtarbeit und Abrufarbeit.


Kündigung

Zusätzlich zur Nennung der Kündigungsfristen ist ab August auch da einzuhaltende Verfahren sowohl aus der Perspektive des Arbeitgebers als auch aus der Sicht des Arbeitnehmers zu beschreiben. Ferner ist über die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu informieren. Da die Konsequenz hinsichtlich des Versäumens dieser Frist - nämlich die Wirksamkeit der Kündigung - im Kündigungsschutzgesetz geregelt ist, zieht eine mangelhafte Regelung im Arbeitsvertrag höchstens ein Ordnungsgeld nach sich, ändert aber nichts an der eigentlichen Konsequenz.


kollektive Regelungen

Vorsorglich sollte in jedem Fall klargestellt werden, ob zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen Anwendung finden oder nicht. Dies ist auszuweiten auf kirchliche Einrichtungen.


Fazit

Viel hilft nicht immer viel - die neue Fassung des Nachweisgesetzes ist ein exemplarisches Beispiel für eine Verschlimmbesserung des status quo. Selten wurde ein Gesetzesentwurf in der Literatur so einstimmig kritisiert und das zu Recht: Während das römische Recht uns noch lehrte, dass vertraglich nur dasjenige gestaltet werden muss, was nicht ohnehin schon gesetzlich geregelt ist, erfordert das Nachweisgesetz nunmehr, stumpfsinnig Passagen von Gesetzestexten in den Arbeitsverträgen wiederzugeben. Der Effekt wird lediglich ein aufgebauschtes Vertragsexemplar sein - allein die Länge der Klauseln sorgen garantiert eher für Unklarheiten als für Transparenz.



Bickenbach, den 29.07.2022

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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