In Spanien sollen künftig Frauen mit Menstruationsbeschwerden fünf Tage bezahlt freigestellt werden können. Manche fordern das nun auch in Deutschland ein. Warum das reiner Populismus ist.
Beschäftigt man sich mit der Frage, warum in Spanien überhaupt eine solche Freistellung - übrigens nicht zu verwechseln mit Urlaub - erforderlich ist, wird schnell deutlich: Im Süden hat der Arbeitnehmer lediglich 15 Tage Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Danach rutscht er ins Krankengeld, das ähnlich wie bei uns lediglich 60% des Nettogehalts darstellen, allerdings vom Arbeitgeber gestemmt wird.
Hierzulande hat der Arbeitnehmer im Vergleich 6 Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für dieselbe Erkrankung. Erkrankt er danach an einer neuen Erkrankung, fangen die sechs Wochen erneut an zu laufen.Erst bei dauerhafter Erkrankung bezieht der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse und entlastet damit finanziell das Unternehmen.
Bei Regelschmerzen wird der Arzt in Deutschland eine AU bescheinigen, sodass der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht zur Arbeit muss. In Spanien auch - geht man allerdings beispielsweise von drei Tagen Periodenschmerzen à zwölf Monaten aus, kommt sie auf insgesamt 36 Tage, wovon sie 21 Tage lang nur 60% ihres Gehalts bekommt. Dadurch erleidet die Frau im Süden einen finanziellen Nachteil - in Deutschland nicht.
Ein weiterer Unterschied ist, dass hierzulande der Grund der arbeitsunfähigen Erkrankung nicht preisgegeben werden muss. Die spanische Freistellung wegen Menstruationsbeschwerden erfordert die Preisgabe eines Umstandes, der nicht nur für viele Frauen intim ist, sondern auch für viele Männer schwer nachzuvollziehen - ganz zu schweigen von der in Deutschland mittlerweile anerkannten Diversität der Menschen, die eine solche Regelung verkomplizieren kann, um Diskriminierung vorzubeugen.
In Deutschland regelt das Gesetz bereits im Generellen einen Umstand, der in Spanien aktuell noch Frauen wirtschaftlich benachteiligt. Das zeigt erneut, wie sehr der Angestellte hierzulande geschützt ist im Vergleich zu ausnahmslos allen anderen europäischen Ländern.
Bickenbach, den 30.05.2022
Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte
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