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Frage nach der Schwerbehinderung erlaubt?

Während früher die falsche Beantwortung zur Frage nach einer Schwerbehinderung als Täuschung den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrages berechtigte, wird heute der Schwerbehinderte vor Diskriminierung speziell nach dem AGG und SGB IX geschützt. Daher ist die pauschale Frage nach der Schwerbehinderung grundsätzlich nicht erlaubt und rechtfertigt das sogenannte "Recht zur Lüge". Anders verhält es sich indes mit konkreten Fragen im Zusammenhang mit der Tätigkeit.


vor Beginn des Arbeitsverhältnisses

In einem Bewerbungsgespräch oder in einem Personalfragebogen darf der Arbeitgeber nicht pauschal die Frage nach einer Schwerbehinderung stellen, da dies diskriminierend ist. Sollte der Arbeitnehmer eine solche Frage falsch beantworten, hat dies keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen für ihn.


pauschal vs. konkret

Allerdings ist der Arbeitgeber sehr wohl dazu berechtigt, im Zusammenhang mit der Tätigkeit zu erfragen, ob die Ausübung der Tätigkeit einschränkungsfrei ausgeübt werden kann. Das bedeutet, dass insbesondere bei Tätigkeiten, die eine schwere körperliche Arbeit abverlangen, durchaus nach einer körperlichen Einschränkung im Sinne einer Schwerbehinderung gefragt werden darf. Sollte eine solche korrekte konkrete Frage falsch beantwortet werden, hat dies arbeitsrechtliche Konsequenzen.


während des bestehenden Arbeitsverhältnisses

Spätestens nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten, also zu dem Zeitpunkt, zu dem der Schwerbehindertenschutz eintritt, ist auch eine pauschale Frage des Arbeitgebers nach einer Schwerbehinderung durchaus gerechtfertigt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung begründet dies damit, dass die Frage nicht mehr diskriminierend sei, sondern vielmehr der Wahrung seiner Rechte dient.


arbeitsrechtliche Konsequenzen

Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei der Falschbeantwortung einer rechtmäßigen Frage zur Schwerbehinderung ist zum einen die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Vertrauensmissbrauchs. Hierfür ist aufgrund der Schwerbehinderung zuvor die Zustimmung vom Integrationsamt einzuholen. Zum anderen kann der Arbeitgeber allerdings auch den Arbeitsvertrag wegen Täuschung anfechten. Dies erfordert nicht die Einbeziehung des Integrationsamtes. Darüber hinaus droht dem Arbeitnehmer zusätzlich eine Rückzahlung von bereits erhaltenem Lohn.



Bickenbach, den 17.05.2021

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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