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Auswirkungen der Erbausschlagung auf den Pflichtteil und das Vermächtnis

Mit der Ausschlagung des Erbes verliert der Erklärende grundsätzlich seinen Pflichtteilsanspruch gemäß § 2305 BGB. Denn für die Entstehung des Pflichtteilsanspruches fehlt es dann an den Voraussetzungen des § 2303 Abs. 1 BGB, da der Erklärende gerade nicht enterbt wurde. Soweit dies testamentarisch so geregelt wurde, können sogar die Kinder des Ausschlagenden von der Erbfolge ausgeschlossen werden. Von diesem Grundsatz werden allerdings in drei Fällen Ausnahmen gemacht:


Ausnahme 1: Der Ehegatte

Für den Ehegatten bleibt indes trotz einer Erbausschlagung der sogenannte kleine Pflichtteil erhalten, den er über den Zugewinnausgleich gemäß § 1371 Abs. 3 BGB geltend machen kann. Voraussetzung ist, dass die Eheleute nichts Anderweitiges per Ehevertrag geregelt haben.


Ausnahme 2: Beschränkter Erbteil

Sofern der Erbteil gemäß § 2306 Abs. 1 BGB durch Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung oder Teilungsanordnung beschränkt ist oder mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert ist, verbleibt dem Ausschlagenden ebenfalls der Pflichtteilsanspruch. Dies gilt gemäß § 2306 Abs. 2 BGB auch dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte als Nacherbe eingesetzt ist.


Ausnahme 3: Das Vermächtnis

Für denjenigen, der lediglich ein Vermächtnis ausschlägt, bleibt ebenfalls der Pflichtteil nach § 2307 Abs. 1 BGB erhalten. Bei einem Vorausvermächtnis ist zu berücksichtigen, dass dieses durch die Erbausschlagung gar nicht erst berührt wird, sofern es nicht unter einer entsprechenden Bedingung steht.



Bickenbach, den 27.04.2023

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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