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Die Vorsorgevollmacht (ausführliche Fassung)

Die Definition der Vorsorgevollmacht könnte wie folgt lauten: Die Vorsorgevollmacht ist eine Urkunde, durch die ein anderer bevollmächtigt wird, diverse Rechtsgeschäfte für den Vollmachtgeber durchzuführen, und zwar immer dann, wenn dieser nicht in der Lage ist, selbst für sich tätig zu werden, wenn also eine Notsituation gegeben ist.

Damit bevollmächtigt mit der Vorsorgevollmacht eine Person eine Andere, im Falle einer Notsituation alle oder bestimmte Aufgaben für den Vollmachtgeber zu erledigen. Der Bevollmächtigte wird mit der Vorsorgevollmacht zum Vertreter. Der Bevollmächtigte entscheidet damit an Stelle des nicht mehr entscheidungsfähigen Vollmachtgebers. Dies ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Deshalb sollte eine Vorsorgevollmacht niemals leichtfertig erteilt werden. Die Vorsorgevollmacht setzt unbedingtes und uneingeschränktes persönliches Vertrauen zwischen Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten voraus.

Rechtsgrundlagen:

  1. Für das Handeln des Bevollmächtigten: §§ 164 ff. BGB
  2. Für das Verhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten: §§ 662 BGB


Wer sollte eine Vorsorgevollmacht haben?

Die Vorsorgevollmacht kann sich auf alle rechtlich relevanten Handlungen beziehen, bei denen Stellvertretung zulässig ist. Das geht nicht bei:

  • Eheschließung
  • letztwilligen Verfügungen (Testament, Erbvertrag etc.)
  • Ausübung des Wahlrechts.

Sofern Fragen der medizinischen Behandlung, der freiheitsentziehenden Unterbringung oder der Vertretung im gerichtlichen Verfahren Inhalt der Vollmacht sein sollen, müssen sie ausdrücklich in der Vollmacht geregelt sein.

Wichtig ist: Eine sogenannte Generalvollmacht ist unzulässig.

Bei gefährlicher Heilbehandlung oder Freiheitsentziehung ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes notwendig. Dies gilt auch dann, wenn eine wirksame Vorsorgevollmacht vorliegt.

Dies gilt insbesondere bei der Entscheidung über eine geschlossene Unterbringung, eine Entscheidung unterbringungsähnlicher Maßnahmen wie das Festbinden am Bett (Bettgitter), Anschnallen am Rollstuhl, Sedierung mit Medikamenten oder Einwilligungen in Behandlungen, die als gefährlich gelten. In diesen Fällen braucht man eine richterliche Genehmigung (Vormundschaftsrichter).

Bei dringender Gefahr im Verzug kann der Bevollmächtigte eine vorläufige Entscheidung zu treffen, hat aber zugleich unverzüglich eine gerichtliche Entscheidung zu beantragen, wenn die Maßnahmen länger dauern soll, d. h. mehr als 2 Tage oder regelmäßig erfolgen muss (z. B. immer nachts).

Eine Vorsorgevollmacht braucht keinesfalls notariell beurkundet zu werden, auch sollte eine Unterschriftsbeglaubigung aus Kostengründen nicht durch einen Notar vorgenommen werden.

Sobald sich jedoch eine Vorsorgevollmacht auch auf Vermögensgeschäfte bezieht (wie z. B. Grundstückskauf, Grundstücksbelastung) sollte notarielle Beurkundung erfolgen.

Eine Unterschriftsbeglaubigung sollte vorgenommen werden. Jeder zur Unterschriftsbeglaubigung Berechtigter kann dies tun. Beispielsweise ist eine Unterschriftsbeglaubigung beim Ortsgericht (Hessen) zwischen 7,00 € und 10,00 € zu erhalten. Beim Notar kostet eine solche Unterschriftsbeglaubigung ein Vielfaches.

Unterschriftsbeglaubigungen sind deshalb notwendig (auch dann wenn keine Grundstücksgeschäfte vorgenommen werden) weil Vermietungsunternehmen und insbesondere Banken sich oft nicht mit privatschriftlichen Urkunden zufrieden geben.

Banken erkennen Vorsorgevollmachten, selbst notariell beurkundete Vorsorgevollmachten, manchmal nicht problemlos an. Sie verlangen - rechtswidrig - die Erteilung einer Kontovollmacht auf bankeigenen Formularen incl. einer Unterschriftenprüfung durch die Bank. Dies ist zu beachten. Aus diesen Gründen sollte man bei den infrage kommenden Banken nachfragen, ob die gefertigte Vorsorgevollmacht ausreichend ist oder ob eine bankinterne Vertretungsmacht gefordert wird.


Wer kann in einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt werden?

Jede volljährige Person kommt als Bevollmächtigter in Betracht. Geschäftsfähigkeit muss selbstverständlich vorliegen.


Reicht ein Verwandtschaftsverhältnis für eine Bevollmächtigung aus?

Dies ist definitiv nicht der Fall. Nur Eltern können für ihre minderjährigen Kinder tätig werden. Sobald diese jedoch volljährig sind, geht es nicht ohne Bevollmächtigung durch eine Vorsorgevollmacht.

Auch Ehegatten können sich nicht wechselseitig vertreten ohne Vorsorgevollmacht. Dies gilt umso mehr für Personen, die nicht verheiratet sind, jedoch zusammenleben.


Was ist der Unterschied zwischen Vorsorgevollmacht und Betreuung?

Der Vorteil der Vorsorgevollmacht besteht darin, dass der Bevollmächtigte sofort nach Kenntnis über die Notsituation handeln kann und nicht erst wie bei der Betreuung eine gerichtliche Bestellung erfolgen muss. Außerdem unterliegt der Bevollmächtigte auch nicht der Kontrolle des Betreuungsgerichtes.

Der Bevollmächtigte kann von der ihm normalerweise obliegenden Rechnungslegungspflicht in der Vollmacht entbunden werden. Dann braucht er keinem Außenstehenden Rechenschaft abzulegen.

Der Vorteil der Vorsorgevollmacht ist weiterhin, dass mit der Vollmachterteilung das Grundrecht der Selbstbestimmung zum Ausdruck gebracht wird. In einer Betreuungsverfügung wird lediglich dem Gericht mitgeteilt, wer als Betreuer gewünscht wird. Die Betreuungsverfügung ist nicht zwingend verbindlich, wenn also Bedenken gegen den Wunsch des Verfügenden bestehen, kann das Vormundschaftsgericht einen Anderen als den durch den Verfügenden Benannten als Betreuer bestellen.

Die Vorsorgevollmacht hat jedoch auch Nachteile, nämlich den der fehlenden Kontrolle. Der Bevollmächtigte wird eben nicht, wie der Betreuer durch das Vormundschaftsgericht kontrolliert.

Auch hat die Vorsorgevollmacht weniger Akzeptanz im Rechtsverkehr als ein vom Gericht bestellter Betreuer. Allerdings müssen Vorsorgevollmachten auch von Banken akzeptiert werden. Dies ist bedauerlicherweise nicht immer der Fall. Aus diesen Gründen sollte die Unterschrift auf einer Vorsorgevollmacht beglaubigt werden.

Meist wird eine Vorsorgevollmacht in der Befürchtung getroffen, ein fremder Dritter könnte als Betreuer bestellt werden. Dies ist aber nicht gängige Praxis. Das Betreuungsgericht ist jedoch nicht verpflichtet, bei der Betreuerauswahl die Ehegatten und die Verwandten ersten Grades vorrangig zu berücksichtigen (§ 1897 Abs. 5 BGB). Erkennt das Gericht bei der Betreuerbestellung Streitigkeiten zwischen der Verwandtschaft so wird meist die Verwandtschaft bei der Bestellung der Betreuung ausgeschlossen, so dass dann doch ein fremder Dritter als Betreuer bestellt wird. Dies sind meist Berufsbetreuer, also Personen, die die Betreuung berufsmäßig betreiben.


Zentrales Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer

Die Vorsorgevollmacht sollte so aufbewahrt werden, dass der Bevollmächtigte den Ort der Aufbewahrung kennt, um die Vorsorgevollmacht jederzeit bei einer Notsituation in Besitz nehmen zu können. Zuvor sollte dem Bevollmächtigten die Vorsorgevollmacht nicht ausgehändigt werden, um Missbrauch zu vermeiden.

Die Bundesnotarkammer führt seit 2004 das zentrale Vorsorgeregister, in das Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen auch in Verbindung mit Patientenverfügungen eingetragen werden können, um den Betreuungsgerichten bei Bedarf die Suche nach einem Bevollmächtigten zu erleichtern bzw. ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers durch das Betreuungsgericht zu vermeiden.

Das gesetzliche Betreuungsverfahren ist subsidiär, das bedeutet, ein Betreuer soll nur bestellt werden, wenn dazu Bedarf besteht. Liegt eine wirksame Vorsorgevollmacht vor, besteht dieser Bedarf in der Regel nicht.

Die Vorsorgevollmacht und/oder Patientenverfügung werden also bei der Bundesnotarkammer nicht aufbewahrt (anders ist dies bei Testamenten, die beim Nachlassgericht hinterlegt werden können). Vielmehr wird die Vorsorgevollmacht lediglich bei der Bundesnotarkammer registriert. Registriert werden sowohl notarielle beurkundete Vorsorgevollmachten als auch Privatschriftliche. Die Registrierung ist einmalig gebührenpflichtig und kostet weniger als 20,00 €. Auskunft aus dem Register erhält nur das Betreuungsgericht, im Falle der Beschwerde das Landgericht. Mit der Registrierung wird eine ZVR-Card erteilt, mit der auf die Vorsorgeurkunde und die Vertrauensperson hingewiesen wird.


Vorsorgevollmacht und Testament

Die Vorsorgevollmacht kann ein Testament nicht ersetzen. Mit der Vorsorgevollmacht kann der Bevollmächtigte lediglich Rechtsgeschäfte für den Vollmachtgeber durchführen. Dies geht sowohl zu Lebzeiten des Vollmachtgebers als auch nach dessen Tod. Der Bevollmächtigte kann jedoch aufgrund seiner Bevollmächtigung nicht bestimmen, wohin das Vermögen des Vollmachtgebers fließt nach seinem Ableben.


Kosten für die Vorsorgevollmacht

Hier werden unterschiedliche Preise abverlangt, was rechtlich zulässig ist. Am teuersten dürfte die notariell beurkundete Vorsorgevollmacht sein. Sie richtet sich nach dem Geschäftswert, mithin nach dem Vermögen des Vollmachtgebers.

Bei Anwälten wird in der Regel unabhängig vom Vermögen abgerechnet. Die Kanzlei Dingeldein • Rechtsanwälte fordert für die Fertigung einer Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung einen Pauschalpreis in Höhe von 190,00 € plus Mehrwertsteuer. In Ausnahmefällen, wenn der Wunsch des Mandanten bezüglich der Formulierung äußerst individuell ist, kann auch eine höhere Gebühr verlangt werden. Diese wird vorher mit dem Mandanten ausgehandelt.

Gedeckelt wird das Honorar bei 300,00 € plus Mehrwertsteuer. Aber auch dieser Betrag wird nur in Ausnahmefällen gefordert.

Mitgeteilt von
RA Günther Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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