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Testament: wirksamer Widerruf per e-Mail?

Immer mehr Verträge werden in elektronischer Form abgewickelt. Seit Oktober 2016 können sie auch in selbiger gekündigt werden. Doch nicht überall gilt die erleichterte Schriftform.

Um ein wirksames Testament zu errichten, müssen Erblasser unbedingt die Formvorschriften einhalten. So verhält es sich auch beim Widerruf eines Testaments. Eine E-Mail mit dem Inhalt, nichts weiter zu vererben zu haben, erfüllt nicht die Anforderungen an ein eigenhändiges Testament und lässt auch keine Widerrufserklärung erkennen.


Das Kammergericht Berlin hatte jüngst folgenden Fall zu entscheiden:

Unmittelbar nach dem Tod des Angehörigen sollte man die nahen Familienmitglieder anrufen und sie über den Tod informieren, ebenso seine engsten Freunde. Mit den Angehörigen sollte man klären, wer sich um den Nachlass des Verstorbenen kümmert und wie man Aufgaben untereinander aufteilt. Außerdem muss man den Arbeitgeber des Verstorbenen informieren.


Was man die nächste Zeit dringend benötigt: Dokumente zusammenstellen

Der Erblasser verfasst im Januar 2010 ein handschriftliches Testament, welches er im März 2011 durch ein neues handschriftliches Testament ersetzt. Den durch beide Testamente eingesetzten Testamentsvollstrecker fordert der Erblasser 2012 telefonisch auf, das Testament zu vernichten. Er habe zu diesem Zeitpunkt alle seine Immobilien bis auf eine veräußert.

Der Testamentsvollstrecker vernichtet daraufhin das Testament vom Januar 2010. Das zweite Testament vom März 2011 ist ihm nicht bekannt. In einer E-Mail im November 2013 schreibt der Erblasser dem Testamentsvollstrecker, dass er nun auch seine letzte Wohnung überschrieben habe, er weiter nichts mehr zu vererben habe und er daher hinsichtlich der verbliebenen Gegenstände von gesetzlicher Erbfolge ausgehe.

Das Kammergericht hat entschieden, dass das Testament vom März 2011 immer noch wirksam ist. Ein Testament kann sowohl durch ein neues Testament als auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr Veränderungen vornimmt, durch die der Wille ausgedrückt wird, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben

Die E-Mail des Erblassers vom November 2013 erfüllt indes nicht die Anforderungen an ein neues eigenhändiges Testament. Eine E-Mail ist kein eigenhändig geschriebenes Dokument, weil die Unterschrift vom Verfasser nicht selbst geschrieben ist. Die E-Mail im konkreten Fall lässt zudem inhaltlich keine Widerrufserklärung erkennen.

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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