Kommentierung zum Urteil
Kammergericht Berlin v. 11.12.2015 - AZ: 13 UF 164/15
Ausbleibende Unterhaltszahlungen lassen immer mehr Alleinerziehende unter die Armutsschwelle rutschen. Die Hälfte aller Mütter und Väter, die ohne Partner Kinder großziehen, erhält gar keinen Unterhalt, obwohl er ihnen rechtlich zusteht. Weitere 25% bekommen nur unregelmäßig oder zu wenig Geld vom getrennt lebenden Partner.
Armut in Deutschland bedeutet zwar nicht, dass es den Betroffenen am Überlebensnotwendigen fehlt. Die Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen und sozialen Leben sind aber deutlich eingeschränkt. Als armutsgefährdet gilt demnach, wer mit weniger als 60% des mittleren Einkommens in Deutschland auskommen muss, denn dann muss er um seine Existenz fürchten.
Mehr als 1/3 aller Alleinerziehenden ist auf Hartz-IV-Leistungen für ihre Familie angewiesen, 35% von ihnen sogar, obwohl sie arbeiten gehen.
Das Problem bleibt überwiegend weiblich: 89% der Alleinerziehenden sind Mütter. Defizite bei der Kinderbetreuung treffen sie doppelt hart.
Der Staat springt zwar mit einem Vorschuss für die finanzielle Lücke ein, aber nur für maximal sechs Jahre und nur für Kinder unter zwölf Jahren. Noch immer werden verheiratete Eltern bevorzugt.
Zahlt der getrennte Partner nicht, kann man ihn dazu auffordern, sein Einkommen und sein Vermögen aufzulisten. Dies muss er nach bestem Gewissen tun. Das bedeutet unter anderem auch, dass er Kontoauszüge vorlegen muss. Hieran richtet sich dann die Unterhaltsberechnung. Nur, wenn der Partner nicht leistungsfähig ist, weil er z.B. arbeitslos ist, kann von ihm in dieser Zeit kein Unterhalt abverlangt werden. Ansonsten gilt das Prinzip, dass wenigstens ein Mindestunterhalt für Kind und Frau zu leisten ist.
Künftig soll die Verweigerung von Unterhaltsleistungen sanktioniert werden. In Rede steht z.B. der Entzug des Führerscheins. In anderen Ländern wird Ähnliches bereits praktiziert. Daneben wird der Ausbau der Kinderbetreuung gefordert, um Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren zu können. Hier ist Deutschland nach wie vor Schlusslicht. Doch gerade Kinder, deren Eltern getrennt leben, brauchen vermehrt Zuwendung, die Zeit kostet.
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RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte
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