ARTIKEL

Notarielles oder privathandschriftliches Testament?

Ein Testament kann sowohl notariell beurkundet werden als auch handschriftlich verfasst werden. Beide Alternativen entsprechen den Formvorschriften und sind somit wirksam. Wann ist jedoch die eine gegenüber der anderen zu bevorzugen?


Notarielles Testament

Der letzte Wille, der vom Notar in Form einer Urkunde beglaubigt wird, genießt einen höheren Beweiswert, sollte das Testament einmal angefochten werden. Es empfiehlt sich daher, sich für diese Option zu entscheiden, wenn

  • eine Vielzahl an Erben eingesetzt wird
  • der Nachlasswert über 1,5 Mio übersteigt.

Das notarielle Testament muss nicht von Hand niedergeschrieben werden, so dass sich diese Alternative empfiehlt, wenn gesundheitliche Gründe sie erfordern.

Schließlich gilt für das notarielle Testament die Besonderheit, dass die Erben im Todesfall des Erblassers keinen Erbschein mehr beantragen müssen. Sollte der Testierende den erben diese Kosten ersparen wollen, so muss er sein Testament notariell beurkunden lassen.


Ausnahmen von der Regel

Es gibt zwei Ausnahmen, in denen trotz eines notariellen Testaments dennoch der Erbschein verlangt wird:


1. die Erben sind im Testament nicht namentlich erwähnt

Es ist zwingend darauf zu achten, dass die Erben – bestenfalls in der Erbeinsetzung und nicht nur in der Präambel – mit vollständigen Namen, Geburtsdatum und Geburtsort sowie aktuelle Wohnanschrift benannt sind. Wird dies aus verschiedenen Gründen versäumt, benötigen die Erben trotz des notariellen Testaments einen Erbschein.


2. es existieren mehrere Testamente und es ist nicht offensichtlich, welches gültig ist

Entscheidet man sich, erneut zu testieren, so sollte man darauf achten, dass das vorangegangene Testament formgerecht widerrufen wurde. Das bedeutet, dass ein notarielles Testament nicht mit einem handschriftlichen Testament widerrufen werden kann. Auch ist es zu empfehlen, im neuen Testament solche Testamente, die widerrufen werden sollen, konkret mit Datum versehen zu erwähnen.

Insgesamt sollte der Klarheit halber ein Testament besser vollständig und fortwirken widerrufen werden, als es mit einem weiteren Testament zu ergänzen. Letzt endlich entscheidet das Grundbuchamt darüber, ob es für die Eigentumsumtragung die Vorlage eines Erbscheines benötigt oder ob das notarielle Testament ausreicht.


Privathandschriftliches Testament

Das privathandschriftliche Testament, das bestenfalls beim Nachlassgericht hinterlegt wird, ist ausreichend, wenn es sich um sogenannte klassische Erbeinsetzungen handelt, die Anzahl der Erben ebenso wie das zu hinterlassenes Vermögen überschaubar ist.

Sollte gar keine Immobilie im Nachlassvermögen vorhanden sein, so wird für Kontenverfügungen kein Erbschein benötigt. Häufig verlangen die Banken jedoch eine postmortale Vorsorgevollmacht sowie eine bankeigene Vollmacht.



Bickenbach, den 25.10.2020

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.