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Schließung der Gastronomie, Körperpflege-Studios, Vereine und Kulturstätten rechtmäßig?

Kaum sind die neuen Corona-Regeln mit dem Lockdown-Light am 02.11.2020 in Kraft getreten, sind eine Vielzahl an Eilanträgen bei den Verwaltungsgerichten eingegangen. Verstoßen die partiellen Schließungen von Restaurants, Cafés und Bars, Nagel- und Tattoo-Studios sowie Sportvereine und Museen bzw. Theatern gegen den Gleichheitsgrundsatz im Vergleich zu solchen Einrichtungen, die geöffnet bleiben dürfen? Sind sie unverhältnismäßig, da keine konkrete Gefahr an den jeweiligen Einrichtungen festgestellt werden konnte? Gibt es letztlich im jeweiligen Bundesland eine hinreichende gesetzliche Legitimation? Über diese Fragen werden die Gerichte in den nächsten Tagen entscheiden - hier eine Einschätzung vorab.


Staatliche Entschädigung bei Schließung

Die erneute Betriebsschließung führt dieses Mal in einer Vielzahl von Fällen nicht nur zu erheblichen Umsatzeinbußen, wie dies bereits im Frühjahr geschehen ist. Der erneute Umsatzverlust bedeutet für viele Unternehmen dieses Mal der Verlust ihrer Existenz. Die Bundesregierung möchte dem entgegenwirken und kündigte den betroffenen Betreibern bis zu 75% des letztjährigen November- Umsatzes als Erstattung an. Doch sollte das geschnürte Paket der staatlichen Entschädigung nicht ausreichen, dürfte diese keine juristische Rechtfertigung für den erneuten Lockdown sein.


Orientierung an den Äußerungen des Robert-Koch-Instituts

Der finanzielle Aufwand der Mehrzahl der Betriebe, Hygienekonzepte zu integrieren, hat sich bewährt. Es sind keine Fälle bekannt, wo es in den betroffenen Einrichtungen Corona-Ausbrüche gegeben hat. Juristisch betrachtet fehlt es daher an der Tatbestandsvoraussetzung der konkreten Gefahr, um eine Gefahrenabwehr - die Schließung - zu betreiben. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung kommen zahlreiche mildere Mittel in Betracht, die bei gleicher Effektivität einer ultima-ratio-Lösung vorgezogen werden muss. Für Viele ist es nicht nachvollziehbar, weshalb Malls, Friseure, Gottesdienste, Baumärkten usw. bei gleichartiger Menschenversammlung bevorzugt behandelt werden. Letztlich darf es für die Schließung nicht an einer gesetzlichen Grundlage fehlen. Bei einem Grundrechtseingriff wie dem Grundrecht auf Gleichbehandlung bedarf es einer parlamentarischen Grundlage. Ein Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzesvorbehaltes stellt es dar, wenn Corona-Maßnahmen auf längere Zeit auf dem Verordnungsweg wie der Ermächtigung nach § 32 Infektionsschutzgesetz sowie rein durch die Exekutive - den Städten und Gemeinden - angeordnet werden.


Fazit

Um die Pandemie effektiv zu bewältigen, bedarf es nach aktuellem Kenntnisstand zwingend der Einhaltung der Hygieneregeln. Nach rund einem dreiviertel Jahr wird aus juristischer Perspektive eine neue gesetzliche Regelung unumgänglich werden, um auch künftig auf neue Herausforderungen, die die Pandemie mit sich bringen wird, demokratisch reagieren zu können. Bestenfalls könnte so eine gewisse Orientierung in den ungewissen Zeiten ermöglicht werden.



Bickenbach, den 02.11.2020

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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