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Der komplizierte Weg des Widerrufs eines notariellen gemeinschaftlichen Testaments - und wie es leichter geht

Es gibt zwei Möglichkeiten, ein Testament formwirksam zu errichten: Entweder ist es komplett handschriftlich vom Testierenden niederzuschreiben oder es ist vor dem Notar zu beurkunden. Welche Form zu favorisieren ist, muss im Einzelfall festgestellt werden. Dabei sind stets die Vor- und Nachteile der konkreten Situation gegeneinander abzuwägen.


Die Vorteile eines notariellen Testaments

Da der notariellen Urkunde eine besonders große Beweiskraft beigemessen wird, ist der Gang zum Notar immer dann empfehlenswert, wenn es sich um ein Testament handelt, in dem besonders viele Personen bedacht werden sollen oder das Nachlassvermögen besonders hoch ist. Ferner liegt auf der Hand, dass ein notarielles Testament unabdingbar ist, wenn der Testierende Schwierigkeiten mit der handschriftlichen Niederschrift des Testaments hat.

Unbeachtlich ist in beiden Fällen, ob ein einfaches oder gemeinschaftliches Testament verfasst werden soll. Denn in beiden Fällen ist es zwingend anzuraten, sich vorab von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen, denn anders als der Notar ist er nicht neutral, sondern berät ganz konkret hinsichtlich der individuellen Situation des Testierenden.


Die Nachteile eines notariellen Testaments

Weniger als Nachteil, sondern vielmehr aus Gründen der Transparenz soll an dieser Stelle aufgezeigt werden, dass die Kosten eines notariellen Testaments von der Höhe des Nachlassvermögens abhängen - es allerdings stets das Ziel sein sollte, ein Testament zu errichten, das für beinahe alle Lebenssituationen gilt und daher lediglich einmalig Kosten hierfür anfallen.

Bei einem gemeinschaftlichen Testament wird allerdings regelmäßig der einseitige Widerruf der letztwilligen Verfügung ebenfalls von der notariellen Form abhängig gemacht - und dies kann erhebliche Nachteile mit sich bringen: Möchte sich ein Ehegatte vom gemeinsam errichteten Testament lösen, so sieht es das Gesetz vor, dass der andere Ehegatte hiervon Kenntnis erlangt - jedenfalls dann, wenn das Testament Bestimmungen enthält, die der eine Ehegatte nicht ohne den anderen getroffen hätte, also Bindungswirkung haben.

So kann der Widerruf auf verschiedenste Wege ausgeübt werden: Es kann ein neues gemeinschaftliches Testament errichtet werden oder das alte gemeinsam vernichtet bzw. aus der Verwahrung entnommen werden. Lediglich für den Fall, dass sich ein Ehegatte einseitig vom gemeinschaftlichen Testament lösen möchte, schreibt das Gesetz vor, dass dieser Widerruf der notariellen Form bedarf. Das löst nicht nur erneute Kosten aus - die Zustellung des Widerrufs an den anderen Ehegatten sollte aus Beweisgründen in jedem Fall über den Gerichtsvollzieher erfolgen. Und dies wird sehr viel Zeit in Anspruch nehmen.


Die simple Lösung dieser Problematik

Die aufgezeigte Problematik stellt keinen Einzelfall dar, da in vielen notariellen Testamenten diese Klausel automatisiert eingebaut wird. So kann die notarielle Widerrufsform zugleich Fluch und Segen sein: Ein Problem stellt sie für diejenigen Ehepaare dar, auf deren konkrete Situation sie einfach nicht passt, da so der Widerruf verzögert und damit erschwert wird. Die simple Lösung ist daher, kein Muster zu verwenden.

Es ist äußerst wichtig, die Vor- und Nachteile dieser Widerrufsklausel ordentlich voneinander abzuwägen bezüglich der persönlichen Situation. Dabei sind immer alternative Klauseln zu berücksichtigen, die den Bedürfnissen im Einzelfall möglicherweise besser gerecht werden. Um diese überhaupt juristisch eruieren zu können, empfiehlt sich eine umfassendere Betrachtung der Situation: Sollen die gemeinsam errichteten Verfügungen von Todes wegen im Todesfall des ersten Ehegatten für den zweiten Ehegatten überhaupt "in Stein gemeißelt" sein und falls ja, in welchem Umfang?

Wichtig ist es in diesem Rahmen auch, zu wissen, dass im Falle einer Trennung der testierenden Ehegatten das gemeinschaftliche Testament bereits von Gesetzes wegen keine Wirksamkeit mehr entfaltet. Und denjenigen, deren Kopf nun dennoch raucht oder sich um ihr Geld sorgen, ist gut damit geraten, dass in manchen Lebenszeiten kein Testament die bessere Wahl ist, da dann juristisch sauber die gesetzlichen Regelungen greifen.



Bickenbach, den 23.10.2024

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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