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Urlaubsverfall bei Langzeiterkrankung

Gerade zum Ende des Jahres nehmen die Arbeitnehmer aufgrund dringender betrieblicher Gründe keinen Urlaub. Erst wenn der Arbeitgeber dann seiner Mitwirkungspflicht nachkommt, den Arbeitnehmer auf den Urlaubsverfall hinzuweisen, beginnt die Frist für den Urlaubsverfall zu laufen. Sobald der Urlaub jedoch aufgrund in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen nicht in Anspruch genommen werden kann, muss hinsichtlich der Mitwirkungspflicht differenziert werden.


Der Fall

Ein Arbeitnehmer war vom 01.08.1992 bis zum 25.02.2021 angestellt. Dabei war der Arbeitnehmer aufgrund einer Verkrümmung mehrerer Finger vom 04.01.2010 bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig. Im Jahr 2021 machte der Arbeitnehmer mithilfe eine Klage Urlaubsansprüche aus den Jahren 2016 und 2017 geltend. Der Arbeitgeber weigerte sich jedoch die Urlaubsansprüche auszubezahlen mit der Begründung, dass diese schon verjährt seien. Der Arbeitnehmer war jedoch der Ansicht, dass die Verjährungsfrist noch gar nicht begonnen hat. Dies begründete er damit, dass der Arbeitgeber ihn nicht auf den Verfall der Urlaubsansprüche hingewiesen hat.


Fraglich erscheint hier, inwieweit es dem Arbeitgeber zuzumuten ist, Arbeitnehmer die aufgrund einer Langzeiterkrankung arbeitsunfähig sind, über den Verfall der Urlaubsansprüche hinzuweisen.


Entscheidung des Gerichts

Dem Begehren des Arbeitnehmers wurde nicht stattgegeben. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 7 IV BUrlG auf Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2016 und 2017. Die Urlaubsansprüche des Klägers aus dem Jahr 2016 sind nach § 7 III 3 BUrlG am 31.03.20218 verfallen und die aus dem Jahr 2017 am 31.03.2019.


Dies hat das Gericht wie folgt begründet:

Der gesetzliche Mindesturlaub des Klägers gemäß §§ 1, 3 I BUrlG aus den Jahren 2016 und 2017 ist in unionsrechtskonformer Auslegung von § 7 III BUrlG aufgrund der seit Beginn des Urlaubsjahres fortdauernder Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach dem Ende des jeweiligen Urlaubsjahres verfallen, ohne dass es darauf ankommt, dass der Arbeitnehmer die Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht erfüllt hat.


Bei einem richtlinienkonformen Verständnis des § 7 I 1 und III BUrlG ist die Befristung des Urlaubsanspruchs nicht von der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten abhängig, wenn es objektiv unmöglich gewesen wäre, den Arbeitnehmer durch Mitwirkung des Arbeitgebers in die Lage zu versetzen, den Urlaubsanspruch zu realisieren. War der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31.03. des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres arbeitsunfähig, sind nicht Handlungen oder Unterlassungen des Arbeitgebers, sondern allein die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers für den Verfall des Urlaubs kausal.



Bickenbach, den 19.12.2023

Mitgeteilt von
WissMit Rebia Nayir
Dingeldein • Rechtsanwälte

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