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Ausbildungsunterhalt des volljährigen Kindes

Die Unterhaltsverpflichtung von Eltern endet nicht automatisch, wenn ein Kind volljährig wird. Geht es noch zu Schule, wird es bis zu seinem 21. Lebensjahr unterhaltsrechtlich ohnehin wie ein Minderjähriger behandelt.

Doch auch - erfolgreiche - Schulabgänger müssen von ihren Eltern weiter unterstützt zu werden: Sie können von den Eltern bis zum Abschluss einer Ausbildung, die ihren "Fähigkeiten und Neigungen" entspricht, Unterhalt verlangen. Beginnt das Kind nach dem Abschluss einer Lehre noch ein thematisch hieran anschließendes Studium, gilt das in der Regel als einheitliche Ausbildung. Auch ein "Fehlschuss" ist erlaubt: wenn ein Kind eine Ausbildung beginnt und dann bemerkt, dass die Wahl eine Fehlentscheidung war, darf (und muss) es sich möglichst frühzeitig umentscheiden.

Der Bedarf eines Kindes, das nicht mehr zuhause wohnt, beträgt nach der seit dem 01.01.2022 geltenden Düsseldorfer Tabelle in der Regel 860 Euro. Hierin sind bis 375 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Der Betrag kann aber auch höher angesetzt werden, zum Beispiel weil die Eltern sehr gut situiert sind ("mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern") oder weil aus bestimmten Gründen ein erhöhter Bedarf besteht, zum Beispiel, weil Studiengebühren anfallen, oder weil für 375 Euro trotz aller Bemühungen nachweislich überhaupt keine Wohnung zu finden ist. Übrigens: Einen automatischen Anspruch auf eine eigene Wohnung gibt es nicht: Die Eltern können etwa bestimmen, dass der Unterhalt durch freie Kost und Logis sowie ein angemessenes Taschengeld erbracht wird.

Die volljährigen Kinder können zunächst die Weiterleitung des Kindergeldes verlangen. Der verbleibende Bedarf muss von beiden Eltern anteilig nach ihren jeweiligen Einkommen getragen werden. Das Kind muss, wenn es Streit gibt, beiden Eltern gegenüber Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangen und beiden gegenüber ausrechnen, was jeweils geschuldet ist.

Bei Auszubildenden ist der Unterhalt in aller Regel sehr überschaubar: Wenn das Kind das Kindergeld erhalten hat, ist bei einer normalen Ausbildungsvergütung kaum noch ein offener Bedarf übrig. Bei Studierenden ist das natürlich anders. Hier stellt sich nicht selten die Frage, ob das Kind durch einen Nebenjob etwas zum Unterhalt dazuverdienen muss. Das ist aber meistens nicht der Fall. Das Kind muss seine Ausbildung zielstrebig betreiben und die Eltern hierüber auf dem Laufenden halten. Kommt es dem dauerhaft nicht nach, verwirkt es seinen Unterhaltsanspruch.

Schafft es die Ausbildung nicht oder nicht rechtzeitig, verfällt der Unterhaltsanspruch. Wenn es ihm gelingt, daneben noch eine Nebentätigkeit oder einen Ferienjob unterzubringen, verbleibt ein Nebenverdienst in der Regel beim Kind. Je ausgedehnter die Tätigkeit und je knapper die Verhältnisse der Eltern, kann aber auch eine teilweise Verwertung des Verdienstes für den eigenen Unterhalt in Betracht kommt.



Bickenbach, den 18.05.2022

Mitgeteilt von
RA Martin Wahlers
Dingeldein • Rechtsanwälte

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