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Testierunfähigkeit

Grundsätzlich ist es kaum möglich, ein einmal niedergeschriebenes Testament aus dem Rechtsverkehr zu ziehen. Im Rahmen einer Erbauseinandersetzung kann dieses jedoch im Falle einer Testierunfähigkeit angefochten werden. Die Schwierigkeit hierbei besteht in der Beweispflicht des Anfechtenden. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung ist das Testament ungültig und es gilt sodann die gesetzliche Erbfolge.


Grundsatz

Laut dem deutschen Recht ist jede Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, testierfähig, § 2229 I BGB.

Doch wann Testierunfähigkeit vorliegt und wie man diese nachweisen kann, erläutern wir Ihnen wie folgt:

Gemäß § 2229 IV BGB ist derjenige testierunfähig, der wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass jede erkrankte Person nicht mehr testierfähig ist.

Hierzu muss eine Abgrenzung vorgenommen werden.

Entscheidend für die Testierfähigkeit ist, dass die Testamentserstellung von der Krankheit unbeeinflusst ist. Im Falle einer Demenzerkrankung könnte man beispielsweise nicht ohne weiteres eine Testierunfähigkeit annehmen, sondern hierfür zunächst feststellen lassen, dass die Krankheit Auswirkungen auf die Einsichts- und Willensbildung hatte.

Testierunfähig ist daher derjenige, der nicht in der Lage ist, sich über die für und gegen seine letztwillige Verfügung sprechenden Gründe ein klares, von krankhaften Einflüssen nicht gestörtes Urteil zu bilden und nach diesem Urteil frei von Einflüssen etwaiger interessierter Dritter zu handeln.


Beweislast

Im Falle einer Anfechtung eines Testaments aufgrund von Testierunfähigkeit geht das Gericht solange von der Testierfähigkeit des Erblassers aus, bis das Gegenteil vor Gericht bewiesen ist. Hierfür müssen diejenigen, die sich auf eine Testierunfähigkeit des Erblassers berufen, auch Beweise dafür erbringen.

Im ersten Schritt beauftragt das Gericht einen psychiatrischen Sachverständigen, um die Frage über die Testierfähigkeit des Erblassers zu klären. Dies tut das Gericht jedoch nur, wenn die Beteiligten genügend Anknüpfungstatsachen vortragen bzw. vorlegen, die ausreichend sind, um die Testierfähigkeit des Erblassers bewerten zu können. Dabei hat die Einschätzung des Sachverständigen einen großen Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts.


Beweisquellen

Hierfür können die Beweisführung bzw. die erforderlichen Anknüpfungstatsachen wie folgt aussehen:

  • Möglichst umfangreiche Erkenntnisquellen zum geistigen Zustand und dem Verhalten des Verstorbenen mit dem Fokus auf vermögensrelevante Fragestellungen im Zeitpunkt der Testamentserstellung.
  • Zeugenvernehmung von medizinischen Betreuern oder Pflegende.
  • Weitere Zeugen könnten unter anderem auch Nachbarn, Freunde und beispielsweise Bankangestellte sein. Die am Verfahren Beteiligten sind regelmäßig parteiisch.
  • Akten die für den Verstorbenen angelegt wurden, die Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen im Rahmen einer Pflegeversicherung enthalten, psychologische oder psychiatrische Gutachten oder Akten von Pflegekräften und Betreuern.
  • Briefe und andere schriftliche Unterlagen des Erblassers.



Bickenbach, den 06.02.2024

Mitgeteilt von
WissMit Rebia Nayir
Dingeldein • Rechtsanwälte

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