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BAG: Nachtzuschläge dürfen tariflich unterschiedlich vergütet werden

In einem Grundsatzurteil des BAG vom 22.02.2023 wurde entschieden, dass Tarifverträge für unregelmäßige Nachtarbeit höhere Zuschläge vorsehen kann als für regelmäßige Nachtarbeit. Eine derartige tarifvertragliche Regelung stößt nach Auffassung der jüngsten höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht gegen den im Grundgesetz normierten Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 GG.


Der Fall

Die Klägerin arbeitete im Rahmen eines Wechselmodells im Dreischichtbetrieb. Für sie findet ein Manteltarifvertrag Anwendung, der vorsieht, dass der Nachtschichtzuschlag 20% für regelmäßige Nachtarbeit und 50% für unregelmäßige Nachtarbeit beträgt. Die Arbeitnehmerin klagte dagegen mit der Begründung, es gäbe keinen sachlichen Grund für eine solche Unterscheidung.


Das Urteil

Das BAG entschied, dass sachliche Gründe für eine solche Ungleichbehandlung beispielsweise Belastungen durch die Nachtarbeit oder geringe Planbarkeit eines Arbeitseinsatzes darstellen können. Damit entschied es, dass die tarifvertragliche Regelung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt, da eine Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist.


Die Begründung

Nach dem streitgegenständlichen Tarifvertrag werden Arbeitnehmer zwar ungleich behandelt, abhängig davon, ob sie regelmäßig oder unregelmäßig Nachtschicht leisten. Diese Ungleichbehandlung ist aber gerechtfertigt, da vorliegend ein sachlicher Grund erkennbar ist: Der Manteltarifvertrag beinhaltete einen angemessenen Ausgleich für die gesundheitlichen Belastungen sowohl durch regelmäßige als auch durch unregelmäßige Nachtarbeit.

Zusätzlich bezweckt der Tarifvertrag allerdings auch, dass die Belastungen für Beschäftigte, die unregelmäßig in der Nachtschicht arbeiten, wegen der schlechteren Planbarkeit zusätzlich einen finanziellen Ausgleich erfahren. Dies ist aufgrund der ebenfalls grundgesetzlich verankerten Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) auch möglich. es liegt im Ermessen der Tarifvertragsparteien, neben dem Schutz der Gesundheit weitere Zwecke bei der Gewährung von Zuschlägen zu verfolgen.

Eine Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Höhe der Differenz beider Zuschläge wurde nicht vorgenommen, da die Tarifvertragsparteien frei entscheiden können, wie sie die verschiedenen Aspekte, die eine Ungleichbehandlung sachlich rechtfertigen, finanziell bewerten und ausgleichen.



Bickenbach, den 22.02.2023

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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