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Mietmangel in Gewerbemieträumen

Wer geht schon gerne bei brütender Hitze oder Eiseskälte einkaufen? Die meisten von uns bevorzugen Einkaufs- oder Arbeitsräumlichkeiten, die wohltemperiert sind.

Aber auch in Deutschland zählen Wetterextreme wie extreme Hitze oder starke Überschwemmungen zur Normalität. Dabei schränken diese Extreme, insbesondere aufgrund veralteter Gebäudetechniken, die Nutzbarkeit von Geschäftsräumen ein, da der Großteil solcher Gebäude derartigen Belastungen nicht gewachsen ist. Ist dann die Beschaffenheit der Mieträume in einem Mietvertrag nicht geregelt, kommt es häufig zu Differenzen zwischen den Mietparteien.

Bei hohen Hitzebelastungen sind Mitarbeiter grundsätzlich weniger produktiv, denn schließlich fällt es kaum einem leicht sich dabei zu konzentrieren. Dabei haben Mieter von Gewerbemieträumen gegenüber ihren Mitarbeitenden arbeitsrechtliche Vorgaben zu beachten. Auch die Kundschaft sucht eher wohltemperierte Geschäftsräume auf anstatt sich in viel zu warmen oder aber unterkühlten Räumlichkeiten aufzuhalten. Dies ist insbesondere im Hochsommer zu verzeichnen, da der Umsatz, wenn die Temperatur in den Geschäftsräumen nicht den Bedürfnissen der Kunden entsprechend angepasst ist, zurückgeht.

Daraus folgt, dass Gewerbemieträume, die nicht "wetterfest" sind, das Geschäft beeinträchtigen können. Juristisch nicht unumstritten ist dabei die Frage, ob ein Mangel liegt. Einige Gerichte ziehen in diesem Zusammenhang bau- und arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen als Grundlage für ihre Entscheidung heran, sollte keine Regelung zur Eigenschaft der Mietsache im Mietvertrag getroffen worden sein.


26 Grad und es wird noch heißer?

Gerichtlich wird unter anderem die Ansicht vertreten, dass Hitze durch Sonneneinstrahlung in nicht baurechtswidrig errichteten Gebäuden allgemeines Lebensrisiko des Mietenden sei.

Das OLG Rostock sieht das anders. Danach müsse in Modegeschäften eine solche Temperatur herrschen, die erforderlich und üblich sei (Urt., v. 17.05.2018, Az. 3 U 78/16).

Bei der Entscheidung orientierten sich die Richter am OLG an arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben. Maßgeblich sei die Innentemperatur bzw. die Differenz zwischen Innen- und Außentemperatur. Konkret bedeute dies, dass ein Mangel an der Mietsache dann vorliegt, wenn die Innentemperatur 26 Grad Celsius überschreite bzw. 20 Grad Celsius unterschreite. Ein Mangel liege auch vor, wenn die Außentemperatur über 32 Grad Celsius betrage und die Innentemperatur nicht 6 Grad Celsius darunter liege. Dies soll sogar dann gelten, wenn das Gebäude zum Zeitpunkt seiner Errichtung den baurechtlichen Vorgaben entsprach.

Liegt also ein Mangel vor, stehe dem mietenden Unternehmen ein Anspruch auf Mietminderung zu. Es könne aber auch die Anpassung der Gebäudetechnik verlangen.


Entscheidung des BGH

Grundsätzlich gelten arbeitsschutzrechtliche Vorgaben nur in einem Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Das OLG zog diese jedoch bei seiner Entscheidung für die Bestimmung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache heran.

Daneben sind die wirtschaftlichen Folgen nicht zu unterschätzen. Wurde das Gebäude ursprünglich nach anerkannten Regeln der Technik errichtet, müssten Vermieter die Folgen hitzebedingter Beeinträchtigungen alleine tragen. Und dass, obwohl sie auf diese Umweltbedingungen keinen Einfluss haben.

Bereits 2013 hat der BGH entschieden, dass keine Pflicht zur fortlaufenden Aktualisierung von technischen Ausstattungen auf den jeweils aktuellen Stand der Technik besteht (BGH, Urt. v. 05.06.2013, Az. VIII ZR 287/12).


Ende gut, alles gut aus Mietersicht?

Bei der Feststellung einer hohen Innentemperatur bei einer hohen Außentemperatur genügt die genaue Angabe der Innentemperatur nicht. Vielmehr muss auch die Außentemperatur protokolliert werden. Dies aus dem Grund, da die vorhandene Technik der Mietsache meist unvermeidlich von der Außentemperatur abhängt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.09.2020, Az. I- 24 U 197/18). Danach bestehen hohe Anforderungen an die Darlegung des klimatisch bedingten Mangels.

Die vertragliche Risikoverteilung, die zwischen den Mietparteien in Kenntnis des Ist-Zustands des Gebäudes getroffen wurde, sollte daher maßgeblich sein. Sollte bereits das Überschreiten einer bestimmten, sich aus arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen ergebenden Raumtemperatur stets zu einem Mangel führen, müssten viele Vermieter ihre gebäudetechnischen Anlagen nachrüsten. Dadurch entstehende Kosten dürften zukünftig auf die Mieter umgewälzt werden, indem sie auf die Miete aufgeschlagen werden. Ebenfalls gingen höhere Betriebskosten zulasten der Mieter.


Vertragsanpassung

Um Unsicherheiten und Risiken zu vermeiden, sollten die Vertragsparteien hinsichtlich der Beschaffenheit der Mieträume klare und verlässliche Regelungen treffen. Wünscht sich der Mieter eine effizientere Technik als die geschuldete oder vorhandene oder aber eine Modernisierung, sollte dies ausdrücklich im Mietvertrag geregelt werden. Bei Neuabschlüssen von Gewerbemieträumen erfolgt dies häufig durch Ausbauregelungen und der entsprechenden Zuweisung des Zuständigkeitsbereichs der Parteien, während nachträgliche Regelungen durch Zusatzvereinbarung zum Bestandsmietvertrag aufgenommen werden können.



Bickenbach, den 09.06.2021

Mitgeteilt von
Ref. Gülsah Bucak
Dingeldein • Rechtsanwälte

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