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Die Verlängerung der Probezeit im Arbeitsrecht

Zumeist haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbart, welches mit einer Probezeit von 6 Monaten beginnt. Jetzt kann es sein, dass sich die Probezeit dem Ende zuneigt, ohne dass der Arbeitgeber sich ein konkretes Bild über die persönliche und fachliche Qualifikation des neuen Arbeitnehmers machen konnte. Dies kann aus verschiedenen Gründen geschehen: Möglicherweise benötigt der Arbeitnehmer weitere Zeit zur Einarbeitung oder der Arbeitnehmer war innerhalb der Probezeit für einen längeren Zeitraum krankheitsbedingt abwesend oder es fand ein Wechsel des Vorgesetzten während der Probezeit statt.

Der Arbeitgeber befindet sich dann in der sprichwörtlichen Zwickmühle. Er hat zwei Handlungsmöglichkeiten:

  1. Er spricht eine Probezeitkündigung aus. Dies hat den Nachteil, dass der Arbeitgeber einen möglicherweise guten Arbeitnehmer, der sich künftig bewährt hätte, verliert.
  2. Er beschäftigt den Arbeitnehmer weiter. Diese Variante ist nachteilig, da nach Ablauf der Probezeit sowohl längere Kündigungsfristen und bestimmte Kündigungstermine als auch der allgemeine Kündigungsschutz gelten; der Arbeitgeber kann u.U. nur unter Angabe bestimmter Kündigungsgründe kündigen.

Wie kann den beiderseitigen Interessen eher gedient werden? Tatsächlich mit einer Verlängerung der Probezeit. ABER: Ist es rechtlich überhaupt zulässig, die Probezeit über 6 Monate hinaus zu verlängern?

Wie lange darf die Probezeit maximal sein?

Die gesetzliche Regelung des § 622 Abs. 3 BGB schreibt vor: "Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden." Die typischen Merkmale einer Probezeit sind die kurze zweiwöchige Kündigungsfrist und die Möglichkeit, zu jedem Termin und ohne Angabe von Gründen kündigen zu können. Letzteres birgt den weiteren Vorteil für den Arbeitgeber, dass er keine Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers mit dem üblichen Ausgang der Abfindungszahlung befürchten muss, wenn er das Arbeitsverhältnis kündigt. Diese Kennzeichen der Probezeit gelten laut Gesetz maximal für 6 Monate, eine schlichte Verlängerung darüber hinaus wäre also unzulässig.

Eine nachträgliche zeitliche Befristung des Arbeitsverhältnisses ist nicht möglich, da das Gesetz im § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) diese untersagt, sofern zuvor ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hat.

Eine nachträgliche Befristung mit dem Sachgrund der Erprobung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 TzBfG dürfte ebenfalls scheitern, da hier vermutet werden könnte, die gesetzliche Probezeitregelung unzulässigerweise umgehen zu wollen.

Wann darf der Chef die Probezeit verlängern?

Eine Verlängerung der Probezeit und derer Vorteile kann auf legale Art nur über die sog. "Probezeitkündigung mit erweiterter (Probezeit-) Kündigungsfrist" erreicht werden.

Das bedeutet, der Arbeitgeber kündigt das Arbeitsverhältnis spätestens am letzten Tag der vereinbarten Probezeit ordentlich mit einer überschaubaren, aber längeren als der üblichen zweiwöchigen Kündigungsfrist. Außerdem muss der Arbeitgeber zugleich eine aufschiebend bedingte Wiedereinstellungszusage erklären: Das Arbeitsverhältnis soll also für den Fall, dass sich der Arbeitnehmer innerhalb der längeren Kündigungsfrist bewährt, bestehen bzw. fortgesetzt werden.

ACHTUNG: Wird eine solche aufschiebend bedingte Wiedereinstellungszusage nicht erteilt, kann dies als Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes, das nach Ablauf von 6 Monaten jeweils abhängig von der betrieblichen Struktur in aller Regel greift, gewertet werden. Die Folge wäre dann, dass das Arbeitsverhältnis nur unter Angabe von betriebs-, verhaltens- oder personenbedingten Gründen gekündigt werden kann und der Arbeitnehmer gerichtlich gegen die Kündigung vorgehen könnte. Ein Arbeitsgericht hätte dann darüber zu entscheiden, ob die Kündigung wirksam ist.

Zulässig ist dieser Weg der "Probezeitkündigung mit erweiterter (Probezeit-) Kündigungsfrist", weil die gesetzliche Regelung zur Probezeit eine zweiwöchige Kündigungsfrist als Mindestschutz für den Arbeitnehmer vorsieht. Eine längere Frist kann also jederzeit und auch im Arbeitsvertrag vereinbart werden, eine kürzere Frist nur durch Tarifvertrag.


Wie lang darf diese erweiterte (Probezeit-) Kündigungsfrist nun sein?

Eine Obergrenze schreibt das Gesetz nicht vor. Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 07.03.2002, Az. 2 AZR 93/01, entschieden, dass die in einer solchen Situation erweiterte Kündigungsfrist unterhalb der längsten Kündigungsfrist eines einschlägigen Tarifvertrags liegen muss. In der konkreten Entscheidung des BAG handelte es sich um eine Frist von 4 Monaten, die der Arbeitgeber zur weiteren Bewährung des Arbeitnehmers angesetzt hatte. Das Bundesgericht hat festgestellt, dass ein solcher Zeitraum im Regelfall zur weiteren Erprobung ausreichend ist und sich hier an dem einschlägigen Tarifvertrag orientierte.

Keine Aussage traf das BAG darüber, ob eine Erweiterung der Kündigungsfrist über die im einschlägigen Tarifvertrag vorgesehene längste Kündigungsfrist hinaus auch zulässig wäre. Deshalb sollte nicht über eine solche tarifliche Orientierungslinie hinausgegriffen werden.

Für diejenigen Arbeitsverhältnisse, auf die ein Tarifvertrag keine Anwendung findet, könnte als Orientierungslinie die längste gesetzliche Kündigungsfrist von 7 Monaten gemäß § 622 Abs. 2 BGB maßgebend sein. Da jedoch die Probezeitregelung des § 622 Abs. 3 BGB an sich auch auf 6 Monate beschränkt ist, sollte eher diese Grenze beachtet, je nach Einzelfallumständen eher noch unterschritten werden.

Die Erweiterung der Kündigungsfrist darf nicht allein im Interesse des Arbeitgebers liegen. Deshalb ist ausdrücklich und nachweisbar, nämlich möglichst schriftlich, darauf hinzuweisen, dass die Erweiterung der (Probe-) Kündigungsfrist lediglich der weiteren Erprobung und damit auch dem Interesse des Arbeitnehmers dient.

Für eine weitere Beratung zu diesem Thema und für die fachliche Unterstützung bei der Formulierung stehen wir Ihnen gern jederzeit zur Verfügung.

Mitgeteilt von
RA Günther Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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