ARTIKEL

Behindertentestament für ein schwerbehindertes Kind - zwei Lösungen

Eltern, die ein schwerbehindertes Kind haben, das Sozialleistungen in Anspruch nimmt und sich nie selbst versorgen können wird, sollten im Rahmen eines Behindertentestaments regeln, wer sich wie nach ihrem Tod um das Kind kümmert. Ziel ist es, die Bezüge der Sozialleistungen aufrecht zu erhalten und das Kind dennoch mit zusätzlichen finanziellen Mitteln abzusichern. Hierfür gibt es im Rahmen eines Behindertentestamens zwei Möglichkeiten:


Die Erbschaftslösung

Die Erbschaftslösung sieht vor, dass das behinderte Kind zwar als Erbe eingesetzt wird, allerdings nur zu einer Quote, die dem Pflichtteil entspricht. Die höchstrichterliche gefestigte Rechtsprechung erkennt diese Konstellation als ein rechtmäßiges, nicht sittenwidriges Testament an. Die Lösung hat den Vorteil, dass auch das behinderte Kind die stärkste Position von Todes wegen erhält. Nachteilig ist der komplexe Regelungsgehalt.


Die Vermächtnislösung

Die Vermächtnislösung sieht vor, dass das behinderte Kind enterbt wird, ihm aber stattdessen ein Vermächtnis zugewandt, das der Höhe nach dem Pflichtteil entspricht. Auch diese Lösung ist in der Rechtsprechung anerkannt. Sie hat den Vorteil, dass klar geregelt ist, dass sich ein vom Erblasser bestimmten Betreuer um die Verwaltung des Vermächtnisses vom behinderten Kind kümmern soll. Nachteilig ist die starke Beschränkung der Rechte des Schwerbehinderten.


Wann welche Lösung?

In beiden Fällen sieht das Testament - soweit rechtlich möglich - vor, dass das schwerbehinderte Kind nach dem Tod der Eltern aus deren Nachlassvermögen Geld erhält, um dessen Verwaltung sich der eingesetzte Betreuer kümmert. Das Testament ist so gestaltet, dass Sozialleistungen möglichst nicht entfallen, der Schwerbehinderte dennoch etwas zusätzliches Vermögen aus dem Nachlass erhält, das von einem vom Erblasser bestimmten Testamentsvollstrecker und Betreuer verwaltet wird.

Die Entscheidung, welche Lösung zu bevorzugen ist, sollte sich nach dem Gesundheitsstand des schwerbehinderten Kindes orientieren: Sofern sich das behinderte Kind gut mit Unterstützung um seine Angelegenheiten kümmern kann, sollte die Erbschaftslösung bevorzugt werden, da sie die Rechte des Schwerbehinderten nicht so stark beschränkt, andernfalls die Vermächtnislösung.



Bickenbach, den 05.01.2022

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.