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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Zeiten der Corona-Pandemie

Viele Arbeitnehmer sehen sich in der derzeitigen pandemischen Lage mit dem Problem konfrontiert, ob sie im Krankheitsfall persönlich beim Arzt erscheinen, in einem überfüllten Wartezimmer oder im Zweifel im Außenbereich auf die persönliche Untersuchung warten, müssen

Angesicht des derzeitigen Infektionsgeschehens, der leichten Übertragbarkeit der Delta- und Omikron-Variante sowie der langsam voranschreitenden Impfquote der Bevölkerung, wurden entsprechende Sonderregelungen getroffen, die die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vereinfachen und sicherer machen sollen.


Was ist eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Zunächst stellt sich die Frage, worum es sich bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung konkret handelt.

Nach dem Arbeitsrecht müssen sich Arbeitnehmer, die sich, aufgrund einer vorliegenden Erkrankung oder einem Arbeitsunfall, nicht zur Arbeit in der Lage sehen, mithin nicht mehr arbeitsfähig sind, krankmelden. Hierbei müssen sie dem Arbeitgeber zunächst unverzüglich mitteilen, dass sie erkrankt sind und nicht zur Arbeit erscheinen werden und darüber hinaus auch Auskunft darüber geben, wie lange diese Erkrankung voraussichtlich andauern wird. Für den Arbeitgeber ist diese Information besonders entscheidend, damit er den Arbeitsausfall bestmöglich kompensieren und dahingehend planen kann.

Diese sogenannte Krankmeldung, die zu den Hauptpflichten des Arbeitnehmers zählt, ist hierbei von der Krankschreibung, der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, zu unterscheiden.

Bei einer Krankschreibung bzw. einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung handelt es sich um eine Bescheinigung, die ärztlich bestätigt nachweist, dass der Arbeitnehmer für eine gewisse Dauer nicht in der Lage ist, die vertraglich geschuldeten Pflichten, mithin die Arbeitsleistung, zu erbringen. Diese muss, je nach arbeitsvertraglicher Vereinbarung, in der Regel spätestens am dritten Tag beim Arbeitgeber eingereicht werden.


Erfährt der Arbeitgeber durch Vorlage dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Erkrankung?

Diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, auch "gelber Schein" genannt, besteht üblicherweise aus vier Zetteln. Einen hiervon behält der Arbeitnehmer in seinen Unterlagen, ein weiterer wird an die zuständige Krankenkasse weitergeleitet, einen behält der behandelnde, krankschreibende Arzt in der Patientenakte und einer wird an den Arbeitgeber bzw. die zuständige Abteilung weitergeleitet.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Arbeitgeber erhält hierbei keine Angaben zu der zugrundeliegenden Krankheit. Dieser Grund der Arbeitsunfähigkeit ist allerdings auf dem Teil der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genannt, der von dem Arbeitnehmer, die gesetzlich krankenversichert sind, an die zuständige Krankenkasse weitergeleitet werden muss.

Dies erfolgt allerdings nicht im Wortlaut, sondern verklausuliert als sog. "ICD"- Code. "ICD" steht hierbei für " International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems". Der auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genannte Diagnoseschlüssel besteht hierbei üblicherweise aus einem Buchtstaben, zwei Ziffern, einem Punkt und bis zu zwei weiteren Ziffern.


Kann eine solche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch rückwirkend ausgestellt werden?

Einige Arbeitnehmer gehen in manchen Fällen, aufgrund von Bedenken oder anderer Hindernisse, erst verspätet zum Arzt, um sich krankschreiben zu lassen. Hierbei ist insoweit fraglich, ob die Möglichkeit besteht, sich auch rückwirkend krankschreiben zu lassen.

§ 5 Abs. 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses, der Teil der Selbstverwaltung von Ärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen ist, sieht vor, dass eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag, ebenso wie eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und in der Regel nur bis zu drei Tagen zulässig ist. In dem Fall, dass der Arbeitnehmer entgegen ärztlicher Aufforderung ohne triftigen Grund zu einem vereinbarten Folgetermin nicht erscheint, kann eine rückwirkende Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit versagt werden. In diesem Fall ist von einer erneuten Arbeitsunfähigkeit auszugehen, die durch eine Erstbescheinigung zu attestieren ist.

Demnach ist eine rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zwar grundsätzlich, allerdings nur unter besonderen Umständen, möglich.


Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus?

Aufgrund des hohen Infektionsgeschehens, welches sich durch die Omikron-Variante noch verschärft hat, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für Patienten mit bestimmten Erkrankungen schon seit dem Frühjahr 2020 eine zeitliche befristete Sonderregelung geschaffen, nach der sich die Patienten telefonisch krankschreiben lassen können. Diese Regelung endete zunächst am 31.05.2020 und wurden wegen der erneut steigenden Zahlungen am 19.10.2020 wieder eingeführt und seitdem mehrfach verlängert.

Nach der derzeitigen Sonderregelung, befristet bis 31.03.2022, dürfen Patienten, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden, nach telefonischer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, von diesem für die Dauer von bis zu sieben Kalendertagen krankgeschrieben werden. Die Arbeitsunfähigkeit kann sodann einmalig um bis zu weitere sieben Kalendertage verlängert werden.

Derzeit wird diskutiert, ob diese Sonderreglungen zur telefonischen Krankschreibung für Patienten mit Atemwegserkrankungen zur Entlastung der Arztpraxen nochmals verlängert wird.

Darüber hinaus können Krankenhausärzte im Rahmen des Entlassmanagements nach § 9 Abs. 1 der SARS-CoV-2 Arzneimittelversorgungsverordnung, eine Arbeitsunfähigkeit für eine Dauer von bis 14 Kalendertagen nach Entlassung aus dem Krankenhaus bescheinigen. Diese Regelung tritt am 31.05.2022 außer Kraft.

Unabhängig von diesen Sonderregelungen sind Arbeitnehmer gehalten, bei den bekannten, typischen COVID-19-Symtpomen, nach Kontakt zu einem COVID-19 - Patienten oder bei weiteren unklaren Symptomen vor dem Besuch der Arztpraxis telefonisch mit dieser Kontakt aufzunehmen und die weitere Vorgehensweise zu besprechen.



Bickenbach, den 01.03.2022

Mitgeteilt von
RAin Lisa Schuhmacher
Dingeldein • Rechtsanwälte

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