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Die wichtigsten arbeitsrechtlichen Regelungen zur Impfpflicht

Bundestag und Bundesrat haben vergangenen Dezember beschlossen, ab dem 15.03.2022 eine einrichtungsbezogene Impfpflicht einzuführen. Diese gilt insbesondere für medizinisches und pflegerisches Personal vor dem Hintergrund, dass sie im Arbeitsalltag mit besonders vulnerablen Gruppen in Kontakt sind.


Können Arbeitnehmer zur Impfung per Direktionsrecht oder vertraglich verpflichtet werden?

Eine Impfpflicht kraft Rechtsverordnung (§ 20 Abs. 6, Abs. 7 IfSG) besteht nicht. Einer Anordnung durch Direktionsrecht, Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung stehen nach überwiegender Auffassung die Grundrechte der Arbeitnehmer, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG iVm. Art. 2 Abs. 1 GG) entgegen.

Arbeitnehmer im Bereich des Gesundheitswesens, also solche, die z.B. in Krankenhäusern, Arztpraxen oder Tageskliniken arbeiten, müssen gemäß § 20a IfSG ab dem 15. März 2022 einen Immunitätsnachweis gegen COVID-19 führen, d. h. genesen oder geimpft sein.

Gegebenenfalls wird man den Impfschutz jedoch auch schon vor dem 15. März 2022 im Wege des Direktionsrechts dann einseitig anordnen können, wenn die Arbeitsleistung von einem Kontakt mit besonders vulnerablen Personen geprägt wird. Vor allem betrifft dies Ärzte und Pflegepersonal (vgl. § 2 Nr. 2 ff. der CoronaImpfV). Dafür spricht auch, dass in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 IfSG dafür gesorgt werden muss, dass alle erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um zu verhindern, dass Infektionen auf Patienten übertragen werden und weiterverbreitet werden. Die Impfpflicht kann eine solche erforderliche Maßnahme darstellen.


Darf der Arbeitgeber nach dem Impfstatus des Arbeitnehmers fragen?

§ 23a S. 1 IfSG erlaubt die Erhebung des Impfstatus nur für die in § 23 Abs. 3 IfSG genannte Bereiche des Gesundheitswesens, also bei Arbeitnehmern, die z.B. in Krankhäusern, Arztpraxen, oder Tageskliniken arbeiten. Darüber hinaus können Arbeitgeber seit dem 15. September 2021 gemäß § 36 Abs. 3 IfSG – soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist, längstens aber bis zum 19. März 2022 – von Arbeitnehmern, die im Bereich der in § 36 Abs. 1 IfSG genannten Einrichtungen beschäftigt sind (insb. Kitas, Schulen, Obdachlosen- und Asylunterkünfte und Justizvollzugsanstalten), Auskunft über den Impfstatus verlangen.

Für alle übrigen Arbeitsverhältnisse fehlt es an einer speziellen gesetzlichen Grundlage zur Erhebung des Impfstatus. Ungeklärt ist auch, ob die Erhebung des Impfstatus datenschutzrechtlich zulässig ist. Solange keine allgemeine Impfpflicht besteht, wird die Auskunft über den Impfstatus als nicht im Sinne des § 26 Abs. 1 BDSG zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich angesehen, der Impfstatus sei zudem nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO besonders geschützt und eine gesetzliche Regelung nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO bisher nicht erlassen. Die zur Erfüllung der Pflichten aus § 28 b Abs. 3 IfSG notwendige Verarbeitung des Impf- oder Genesenenstatus ist allerdings zum Zwecke der Zugangskontrolle zum Betriebsgelände zulässig.

Auch kann ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 94 Abs. 1 BetrVG bestehen.


Kann die Entgeltfortzahlung bei fehlender Impfung verweigert werden?

Entgeltfortzahlung kann gemäß § 3 Abs. 1 EFZG bei einem „Verschulden“ des Arbeitnehmers „gegen sich selbst“ ausgeschlossen sein. Ob die Verweigerung einer verfügbaren Corona-Impfung ein solches Verschulden begründet, ist nicht geklärt. Dagegen spricht zwar, dass die Impfung nicht gesetzlich verpflichtend ist. Andererseits sieht § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG aber vor, dass kein Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfälle wegen einer Quarantäneanordnung besteht, wenn mit Inanspruchnahme einer empfohlenen Schutzimpfung die Quarantäneanordnung hätte vermieden werden können. Das spricht dafür, dass die Nichtinanspruchnahme einer empfohlenen und verfügbaren Schutzimpfung ein Verschulden gegen sich selbst begründen und damit Ansprüche auf Entgeltfortzahlung ausschließen kann.


Können Arbeitgeber eine „Impfprämie“ in Aussicht stellen?

Die Impfbereitschaft der Mitarbeiter kann erhöht werden, indem für geimpfte Mitarbeiter eine Impfprämie ausgelobt wird.

Sie könnte indes gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB verstoßen, dann stünde sie auch ungeimpften Arbeitnehmern zu.



Bickenbach, den 02.02.2022

Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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