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Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Schockschäden

Schockschäden, also ein psychisch verursachtes körperliches Leiden aufgrund eines Traumas, können in den unterschiedlichsten Lebensbereichen auftreten. Der Bundesgerichtshof hatte es mit einem Fall mit strafrechtlicher Komponente bei Kindesmissbrauch zu tun, zuvor hatten sich die Richter auch schon im Gesundheitswesen bei Behandlungsfehlern damit beschäftigt und nicht auszuschließen ist eine Übertragung dieser Beurteilung auch auf den Bereich des Verkehrsunfallrechts.


Der Fall

Die Tochter des klagenden Vaters wurde im Alter von sechs Jahren sexuell missbraucht. Aufgrund des Leides, das seine Tochter erfahren hatte, erlitt der Vater eine tiefgreifende depressive Verstimmung. Er verlangte daher Schmerzensgeld wegen eines Schockschadens aus deliktischem Anspruch nach § 823 Abs. 1 i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB.


Das Urteil

Das Gericht gab dem Vater mit Urteil vom 21.05.2019 - AZ: VI ZR 299/17 recht und sprach ihm einen Schadensersatzanspruch zu, obwohl es sich um eine psychische Störung handelte, die mittelbar entstanden war. Grund hierfür war die in der Literatur laut gewordene Kritik an der Ungleichbehandlung von physischen und psychischen Schädigungen.


Die Begründung

Bereits in der Vergangenheit wurden psychische Erkrankungen grundsätzlich als Gesundheitsschädigung im Sinne des Gesetzes anerkannt. Bislang hatte dieser Grundsatz indes erhebliche Beeinträchtigungen erfahren. Im Bereich der Schockschäden waren psychische Beeinträchtigungen nur dann als Gesundheitsverletzung anzusehen, wenn sie pathologisch greifbar waren und zudem über die gesundheitlich übliche Beeinträchtigung von Betroffenen hinausgingen. Diese Einschränkung gab der Senat nunmehr auf: Bei Schockschäden stellt eine psychische Störung eine Gesundheitsverletzung dar, auch wenn sie mittelbar verursacht wurde. Sie muss kein außergewöhnliches Maß mehr aufweisen.


Fazit

In einer Welt, in der psychische Erkrankungen zunehmen, ist die Rechtsprechung zeitgemäß. Voraussetzung für die Tatbestandsmäßigkeit bleibt natürlich die ärztliche Feststellung des Krankheitswertes.



Bickenbach, den 08.03.2023

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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