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Abänderung des Versorgungsausgleichs bei Tod eines Ehegatten

Im Zuge eines Scheidungsverfahrens führt das Gericht den sogenannten Versorgungsausgleich durch, den Ausgleich der in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte der Ehegatten. Das passiert von Amts wegen, es bedarf also keines Antrags der Ehegatten. Wird die Entscheidung des Gerichts rechtskräftig, wird der Versorgungsausgleich umgesetzt. Das wirkt sich ggf. erst Jahre oder gar Jahrzehnte später bei Eintritt ins Rentenalter in einem höheren oder niedrigeren Rentenbetrag aus.

Was aber, wenn einer der Ehegatten nach Durchführung des Scheidungsverfahrens stirbt?

Stirbt der oder die Ausgleichsverpflichtete, ändert sich nichts. Die Rente wird ausgezahlt wie berechnet, der/die Ausgleichsberechtigte erhält die bessere Versorgung.

Stirbt nicht der Verpflichtete, sondern der oder die Ausgleichsberechtigte, ändert sich für den Ausgleichsverpflichtete grundsätzlich nichts. Seine Rentenanwartschaften bleiben gekürzt, auch wenn niemand mehr davon etwas hat.

Ausnahme: Wenn der verstorbene frühere Ehegatte aus dem zu seinen Gunsten übertragenen Anrecht noch nicht oder jedenfalls nicht länger als drei Jahre eine Versorgung erhalten hat. Der ausgleichspflichtige Ehegatte kann dann beim Versorgungsträger beantragen, sein ungekürztes Anrecht zu behalten. Der Antrag richtet sich dabei gegen die Erben des früheren Ehegatten.

Hat der verstorbene ausgleichsberechtigte Ehegatte schon länger als drei Jahre seine/ihre Rente erhalten, ist eine Abänderung nicht möglich. Das gilt jedenfalls für Versorgungsausgleichsentscheidungen, die nach dem 31.08.2009 ergangen sind. Bei bis zum 31.08.2019 ergangenen Entscheidungen ist aber eine sogenannte „Totalrevision“ möglich, also die komplette Aushebelung des alten Versorgungsausgleichs. Auf diese Weise kann der Ausgleichsverpflichtete alle seine Anrechte wieder zurückerhalten. Dieses Verfahren muss vor dem Familiengericht eingeleitet werden. Man muss dazu darlegen können, dass rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit auf den Ausgleichswert mindestens eines Anrechts zurückwirken und zu einer wesentlichen Wertänderung auf Basis bestimmter Bezugsgrößen geführt haben. Es müssen mindesten 5 % des bisherigen Ausgleichswerts überschritten sein sowie (relative Wesentlichkeitsgrenze). Und es muss noch eine bestimmte absolute Wesentlichkeitsgrenze überschritten sein. Trifft das auch auf nur eines der Anrechte zu, ist der gesamte Versorgungsausgleich neu zu klären.

Das Gericht zieht zu diesem Verfahren die Versorgungsträger hinzu, sowie, das hat der BGH durch Beschluss vom 14.12.2022, XII ZB 318/22 klargestellt, die Erben des verstorbenen Ehegatten.

Sterben der Berechtigte und der Verpflichtete, können auch Hinterbliebene des Ausgleichsverpflichteten das Verfahren betreiben. Im Fall des BGH war das die zweite Ehefrau des Verstorbenen, die auf diese Weise ihre Hinterbliebenenversorgung verbessern wollte.



Bickenbach, den 06.07.2023

Mitgeteilt von
RA Martin Wahlers
Dingeldein • Rechtsanwälte

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