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"Was ist ein Verschaffungsvermächtnis?"

Vermächtnis ist nicht gleich Vermächtnis und jeder Grundsatz hat mindestens eine Ausnahme. Das macht die Niederschrift eines Testaments so komplex und verursacht bei einer Auslegung des Letzten Willens Streitereien. Besser gleich zum Fachanwalt gehen.


Unterschied Erbe und Vermächtnis

Der Erbe ist im Gegensatz zum Vermächtnisnehmer derjenige, der über das Nachlassvermögen verfügen kann. Er hat die Obhut über das hinterlassene Vermögen des Erblassers und erhält als Einziger Einblick durch die Banken, das Grundbuchamt etc. Ihm obliegen sämtliche Rechte, aber auch sämtliche damit einhergehenden Verpflichtungen.

Der Erbe zahlt an den Vermächtnisnehmer das Vermächtnis aus oder übergibt ihm den Vermächtnisgegenstand. Der Vermächtnisnehmer hat also lediglich einen Anspruch gegen den Erben hinsichtlich des ihm vermachten Vermögens aus dem Nachlass, dafür unterliegt er auch keinen Verpflichtungen.

Gibt es mehrere Erben, erben diese zu Quoten. Der Vermächtnisnehmer hingegen erhält immer einen konkreten, im Testament benannten Gegenstand oder Vermögenswert. Er kann auch Rechte vermacht bekommen, wie beispielsweise ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht an der ehegemeinsamen Immobilie.


Unterschied zwischen Vermächtnis und Verschaffungsvermächtnis

Das Vermächtnis ist immer an einen konkreten Gegenstand geknüpft. Existiert dieser zum Zeitpunkt des Erbfalls gar nicht mehr, so fällt auch damit das Vermächtnis ersatzlos weg. So ist jedenfalls die Regel.

Anders sieht es hingegen bei einem sogenannten Verschaffungsvermächtnis aus, das in § 2170 BGB normiert ist. Ein solches liegt vor, wenn dem Vermächtnisnehmer mit dem Tod des Erblassers vom Erben erst noch ein Gegenstand verschafft werden muss. So kann beispielsweise die Einräumung eines Wohnungsrechtes an einer sich im Nachlass befindlichen Immobilie ein solches Verschaffungsvermächtnis darstellen.

Doch was ist, wenn diese Immobilie gar nicht mehr zum Nachlass gehört, weil der Erblasser sie bereits veräußert hatte? Dann kann auch dieses Verschaffungsvermächtnis erlöschen, es sei denn, der Erblasser hatte zwischenzeitlich eine andere Immobilie erworben, auf die nunmehr das Wohnungsrecht eingetragen werden soll. Im besten Fall sollte dieser Wille mitsamt der juristischen Fachtermini im Testament seinen Niederschlag finden.


Auslegung des Testaments

Wurde diese Möglichkeit nicht testamentarisch berücksichtigt, muss der Letzte Wille ausgelegt werden. Gibt es ein Indiz dafür, dass dieses beispielhaft genannte Wohnungsrecht auch auf die neue Immobilie eingetragen werden soll? Im Zweifel wird das Testament mangels Indizien nicht so ausgelegt werden, sodass der Vermächtnisnehmer leer ausgeht.


Fazit

Ein Testament sollte immer juristisch klar formuliert werden, sodass eine Auslegung des Letzten Willens vermieden werden kann, da diese Risiken mit sich bringt. Es existieren zahlreiche Muster im Netz. Doch wie immer steckt der Teufel im Detail. Lassen Sie sich von einem Fachanwalt im Erbrecht beraten und erklären Sie ihm, welche Regelung Sie sich nach Ihrem Tod wünschen. Und überlassen Sie ihm die präzise juristische Formulierung Ihres Letzten Willens. Die Kosten richten sich zumeist nach dem aktuellen Vermögenswert des Testierenden. Lassen Sie sich auch hierüber vorab aufklären.



Mitgeteilt von
RAin Änne Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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