URTEILE & KOMMENTARE
Wann beginnt die Probezeit bei einem in den USA erworbenen Führerschein?


Verwaltungsgericht Münster,
Beschluss vom 15.08.2016, Az.: 10 L 1070 / 16


Die gesetzliche Regelung

Mittlerweile ist es üblich, während der Schulzeit ein Auslandsjahr zu machen. Viele Schüler wählen hierbei die USA. Und weil es dort viel günstiger ist einen Führerschein zu erwerben als in Deutschland, nehmen viele diese Möglichkeit auch wahr.

In den USA gibt es – ebenso wie in Deutschland – die Möglichkeit, zunächst begleitet Auto zu fahren. In Deutschland beginnt damit auch schon die Probezeit mit der Laufzeit von zwei Jahren abzulaufen. Fraglich ist, ob dies mit einem in den USA erworbenen Führerschein auch der Fall ist.

Aber weshalb ist dies überhaupt wichtig? Bei einem Verkehrsverstoß, welcher gewichtig genug ist, um dafür einen Punkt im Straßenverkehrsregister zu bekommen, macht die Frage nach der Probezeit einen enormen Unterschied:

Befindet man sich nicht mehr in der Probezeit, bekommt man einen Punkt und zahlt ein Bußgeld. Befindet man sich in der Probezeit, bekommt man ebenfalls einen Punkt und muss ein Bußgeld zahlen, doch muss man auch noch an einem Aufbauseminar teilnehmen. Dies kostet nicht nur Zeit, sondern auch zusätzliches Geld.


Die Situation

Der Antragsteller, 1997 geboren, hatte während seines Aufenthalts in den USA am 13. August 2013 zunächst die Prüfung zum begleiteten Fahren bestanden; am 05. März 2014 folgte die endgültige Fahrerlaubnis.

Nun kehrte der Antragsteller nach Deutschland zurück und fuhr am 13. Februar 2016 40 km/h über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften. Der Antragsgegner verordnete daraufhin die Teilnahme an einem Aufbauseminar, da der Antragsteller für diesen Verkehrsverstoß einen Punkt bekam und sich laut Antragsgegner noch in der Probezeit befand.

Der Antragsteller wandte sich nun ans Gericht: Er habe sich zur Zeit seines Verkehrsverstoßes nicht mehr in der Probezeit befunden, da diese ab dem Zeitpunkt zu laufen begann, in welchem er begleitet Auto fahren durfte – sprich: Ab dem 13. August 2013. Die Anordnung eines Aufbauseminars sei demzufolge nicht rechtens.


Die gerichtliche Entscheidung

Der Antragsteller habe sich noch in der Probezeit befunden; die Anordnung zu einem Aufbauseminar sei folglich rechtmäßig.


Die rechtliche Begründung

Das Gesetz knüpft an den Erwerb der Fahrerlaubnis an und nicht an den Erwerb des Lernführerscheins. In Deutschland muss man ganz normal eine mündliche sowie eine praktische Prüfung absolvieren, um einen Führerschein zum begleiteten Fahren zu erwerben – wie auch, um einen regulären Führerschein zu erwerben.

In den USA hingegen erwirbt man mit dem Bestehen der mündlichen Prüfung bereits die Erlaubnis, begleitet Auto zu fahren – man nimmt folglich keine Fahrstunden mehr, sondern lernt so mit dem Begleiter ein Auto im Straßenverkehr zu bewegen. Die endgültige praktische Prüfung legte der Antragsteller also erst am 05. März 2014 ab und befand sich somit zum Zeitpunkt seines Verkehrsverstoßes noch innerhalb der Probezeit.


Fazit

Beim Erwerb eines Führerscheins in den USA oder generell in anderen Ländern als Deutschland ist Vorsicht geboten: Nicht alles, was gleich scheint, ist es auch.

präsentiert von Kanzlei Dingeldein Rechtsanwälte

Mitgeteilt von
Jane Dingeldein
Dingeldein • Rechtsanwälte

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