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Reiserecht: Stornierung wegen steigender Corona-Zahlen am Urlaubsort

Die Ferienzeit und damit einhergehend die Hauptreisezeit ist bereits im vollen Gange und trotz weiter hoher Corona-Fallahlen nehmen viele Touristen die Urlaubsangebote im Ausland war. Für den Fall, dass die Corona-Fallzahlen in den entsprechenden Urlaubsgebieten wieder steigen sollten und eine verschärfte Maskenpflicht, wie z.B. seit dem 13.07.2020 auf Mallorca, verhängt wird, stellt sich für viele die Frage, ob die bereits gebuchten Reisen wieder storniert werden dürfen, ohne dass erhebliche Kosten anfallen.


Auswirkungen auf die Stornierungskosten

Unabhängig von der Corona-Krise gilt auch weiterhin, dass Pauschalurlauber nur aus Angst vor Ansteckung mit Covid-19, die Reise nicht einfach stornieren können, schon gar nicht ohne die Zahlung von anfallenden Stornierungsgebühren.

In besonderen Fällen ist es den Reisenden allerdings möglich, den Urlaub ohne Zusatzkosten zu stornieren. So kann ein Urlaub storniert werden, wenn er nicht mehr zumutbar ist, was dann gegeben ist, wenn außergewöhnliche Umstände die touristischen Leistungen massiv einschränken.


Tipps für Stornierungen

Es empfiehlt sich insoweit die vertraglichen Leistungen zu überprüfen. Können diese aufgrund der Beschränkungen vor Ort nicht mehr erfüllt werden, kann ihnen ein Stornierungsrecht ohne Kostenanfall zustehen.

Werden vertraglich z.B. eine All-Inclusiv-Versorgung rund um die Uhr angeboten, den Gästen aufgrund der Beschränkungen allerdings eine bestimmte Essenzeit am Tisch a la carte zugeteilt, oder bestimmte Attraktionen, die in einem Paket bereits mitgebucht wurden, aufgrund von Schließungen nicht mehr besucht werden können, stellt dies eine massive Einschränkung dar. Diese Einschränkungen sind dabei im Streitfall von dem Reisenden zu beweisen.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass sofern die Einschränkungen bereits vor der Buchung bekannt waren, sie rechtlich nicht mehr ins Gewicht fallen und dementsprechend keine Stornierung begründen können.

Die Einschränkungen können darüber hinaus einen Reisemangel darstellen, der zur Preisminderung berechtigt. Wichtig ist dabei allerdings, dass diese noch am Urlaubsort beim Reiseveranstalter reklamiert werden, um diesem die Möglichkeit zur Nachbesserung zu geben.


Welcher Zeitpunkt ist entscheidend?

Entscheidend bei der Beurteilung der Lage vor Ort ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung und Geltendmachung der Stornierung. Fallen nach der Stornierung die Corona-Fallzahlen in dem entsprechenden Urlaubsland wieder, können die Veranstalter keine nachträglichen Stornierungsgebühren fordern.


Wie wirkt sich eine verschärfte Maskenpflicht, wie z.B. auf Mallorca, auf die Rechtslage aus?

Ob eine umfassende Maskenpflicht in der Öffentlichkeit einen Rücktrittsgrund darstellt, ist bislang noch nicht eindeutig entschieden worden. Sofern die Maske nur punktuell, wie in Deutschland, aufzusetzen ist, soll dies ausschließlich eine Unannehmlichkeit, allerdings keinen Rücktrittsgrund darstellen.

Etwas anderes gilt dann, wenn die Maske permanent getragen werden muss, sodass der Reisezweck der Erholung nicht mehr erfüllbar ist.


Urlaubort wird während dem Aufenthalt zum Risikogebiet erklärt

Sofern während des Urlaubs am Reiseziel ein plötzlicher Corona- Hotspot entsteht, aufgrund dessen das Robert-Koch-Institut (RKI), den Urlaubsort zu einem Risikogebiet erklärt und dementsprechend Gefahr für Leib und Leben besteht, liegen außergewöhnliche und unvermeidbare Umstände vor, die zu einer Kündigung des Reisevertrages berechtigen.

Für die nicht genutzten Leistungen erhalten Pauschalurlauber sodann ihr Geld zurück. Darunter fallen auch hinzugebuchte Ausflüge, die nicht genutzt werden konnten.

Ein Schadensersatzanspruch für z.B. nutzlos aufgewendete Urlaubszeit kommt dabei nur in Betracht, wenn den Reiseveranstalter ein Verschulden trifft. Dies ist gerade dann nicht gegeben, wenn die Reise wegen außergewöhnlicher Umstände abgebrochen werden musste.

Ein Schadensersatzanspruch für z.B. nutzlos aufgewendete Urlaubszeit kommt dabei nur in Betracht, wenn den Reiseveranstalter ein Verschulden trifft. Dies ist gerade dann nicht gegeben, wenn die Reise wegen außergewöhnlicher Umstände abgebrochen werden musste.


Urlaubsort wird vor Abreise zum Risikogebiet erklärt mit anschließender zweiwöchiger Quarantäne

Problematisch könnte eine solch anschließend verordnete Quarantäne vor allem dann werden, wenn eine berufliche Tätigkeit ausübt wird, für die Home-Office nicht ohne Weiteres in Frage kommt.

Wer sich bei der Stornierung allerdings alleine auf die Gefahr der Quarantäne beruft, müsste im Zweifel mit anfallenden Stornierungsgebühren rechnen.

Allenfalls sämtliche Umstände gemeinsam, wie die Einschränkungen durch die Maskenpflicht oder gesperrte Bereiche und Ausflugziele könnten zur kostenfreien Stornierung veranlassen.


Besonderheiten für sog. Risikopatienten

Derzeit existieren noch keine gesonderten Bestimmungen für besonders gefährdete Personen, sog. Risikopatienten, für die Stornierung der Pauschalreisen. Nach ersten Einschätzungen könnte sich eine kostenfreie Stornierung für Risikopatienten trotz fehlender Reisewarnung aus § 651 h Abs. 3 BGB ergeben.


Besonderheiten für sog. Risikopatienten

Derzeit existieren noch keine gesonderten Bestimmungen für besonders gefährdete Personen, sog. Risikopatienten, für die Stornierung der Pauschalreisen. Nach ersten Einschätzungen könnte sich eine kostenfreie Stornierung für Risikopatienten trotz fehlender Reisewarnung aus § 651 h Abs. 3 BGB ergeben.


Was gilt für Individualreisen?

Wer die Unterkunft, außerhalb einer Pauschalreise, selbst gebucht hat, ist dabei, abweichend, grundsätzlich an die vertraglich vereinbarten Stornierungsbedingungen gebunden, unabhängig von Reisewarnungen und eventuellen Einschränkungen. Üblicherweise sind dabei die Kosten umso höher, je kurzfristiger die Absage erfolgt.


Was gilt, wenn der Reiseveranstalter storniert?

Werden die Reisen von dem jeweiligen Reiseveranstalter oder der Fluggesellschaft storniert, so haben diese grundsätzliche die Pflicht, den Reisepreis zurückzuerstatten.

Mittlerweile üblich ist das Angebot eine Umwandlung in Gutscheine mit Vergünstigungen vorzunehmen, die allerdings nicht angenommen werden müssen und ausschließlich freiwillig sind. Es besteht weiterhin die Möglichkeit einen solchen Gutschein abzulehnen und die sofortige Erstattung des Reisepreises zu fordern.

Für die Ausstellung, Übermittlung und Einlösung der Gutscheine dürfen den Reisenden dabei keinerlei Kosten in Rechnung gestellt werden.


Besonderheiten, wenn man aufgrund geänderter Einreisebestimmungen nicht ins Urlaubsland kommt

Sofern man aufgrund von geänderter Einreisebestimmungen nicht in sein Urlaubsland einreisen darf, hat bei Pauschalreisen der Reiseveranstalter grundsätzlich die Pflicht, den Reisepreis zurückzuerstatten oder alternativ eine Umbuchung anzubieten. Dabei können die Urlauber allerdings keinen Schadensersatz aufgrund entgangener Urlaubsfreuden oder Erholungen geltend machen, da in diesem Fall unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die der Veranstalter nicht zu vertreten hat.

Individualreisende müssen sich dabei nach den jeweiligen nationalen Gesetzen richten. Dabei gilt das Recht des jeweiligen Landes gilt, in dem der Vertrag geschlossen wurde.


Positiver Test auf Covid-19 vor Abreise

Sofern ein Reisender bereits vor Abreise positiv auf Covid-19 getestet wird und dementsprechend nicht die Reise antreten kann, steht ihm kein kostenfreies Rücktrittsrecht zu.

Da die Erkrankung aus der Risikosphäre des Reisenden kommt, kann er sich nicht auf unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände berufen.

Dies gilt auch für den Fall, in dem eine Quarantäne angeordnet ist und die Reise deshalb nicht angetreten werden kann.


Wann trägt die Reiserücktrittversicherung die Kosten?

Die Reiserücktrittversicherung trägt grundsätzlich nur dann die Kosten, wenn die gebuchte Reise aus einem versicherten Grund nicht angetreten werden kann. Die häufigsten Gründe sind dabei eine unerwartete schwere Erkrankung nach ärztlichem Attest, Todesfälle in der engen Verwandtschaft oder schwere Vermögensschäden.

Greift die Rücktrittsversicherung trägt sie auch die Kosten der vertraglich geschuldeten Stornierungsgebühren.

Dabei ist allerdings zu beachten, dass viele Reiserücktrittsversicherungen Klauseln enthalten, die Krankheiten ausschließen, die von der WHO als Pandemie eingestuft werden. Im Fall des Covid- 19 ist dies bereits am 11. März 2020 geschehen.


Was kann man vorab tun?

Sollten Sie eine Pauschalreise gebucht haben, empfehlen wir Ihnen, sich bei Ihrem Reiseveranstalter zu erkundigen, ob die Reise wie geplant durchgeführt werden kann. Liegen dabei die Voraussetzungen für eine kostenfreie Stornierung nicht vor, kann man versuchen eine einvernehmliche Lösung im Zuge der Kulanz zu finden.

Sofern die Reise erst in mehreren Wochen oder Monaten angetreten werden soll, empfiehlt es sich, zunächst abzuwarten und die Entwicklung der Situation im Reiseland zu beobachten. Der Rücktritt vom Reisevertrag sollte dabei das letzte Mittel darstellen.

Individualbucher sollten den Kontakt zu dem jeweiligen Vertragspartner suchen und erfragen, ob die Leistung, wie gebucht, erbracht werden kann. Auch hier sollte im Zweifel eine einvernehmliche Kulanzlösung angestrebt werden.



Bickenbach, den 30.07.2020

Mitgeteilt von
Rechtsanwältin
Dingeldein • Rechtsanwälte

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