ARTIKEL

Besonderheiten des landwirtschaftlichen Erbrechts

Grundsätzlich sieht das deutsche Erbrecht vor, dass der Nachlass gänzlich auf den oder die Erben übergeht. Ausnahmen bilden allerdings Erbschaften landwirtschaftlicher oder forstwirtschaftlicher Betriebe. Würde nämlich aufgrund der Erbfolge eine Erbengemeinschaft entstehen, ist diese grundsätzlich auf Auseinandersetzung und Aufteilung des Nachlasses ausgerichtet, was den Betrieb in seinem Bestand gefährden würde. Durch das gesonderte landesrechtliche Höferecht und die Höfeordnung soll eine Zersplitterung der Hofstellen vermieden und der Erhalt des landwirtschaftlichen Betriebes als Ganzer gesichert werden. Je nach Bundesland kommt hierbei unterschiedliches Recht zur Anwendung.

Eine sogenannte Höfeordnung gibt es ausschließlich in den Ländern Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, sie schließt als Sonderregelung das allgemeine Erbrecht aus. Baden-Württemberg, Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz haben hingegen landesrechtliche Anerbengesetze. In den übrigen Bundesländern gibt es keine verbindlichen Regelungen, hier findet das Landgüterrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches Verwendung.


Was genau ist ein Hof?

Ein landwirtschaftlicher Betrieb unterliegt nur dann der Höfeordnung, wenn dieser als "Hof" zu verstehen ist. Der Begriff ist aufgrund dessen in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Höfeordnung (HöfeO) als in den entsprechenden Ländern gelegene land- oder forstwirtschaftliche Besitzung mit einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle, die im Alleineigentum einer natürlichen Person oder im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten (Ehegattenhof) steht oder zum Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehört, sofern sie einen Wirtschaftswert (§ 46 BewG) von mindestens 10.000 Euro hat, legaldefiniert. Die Hofeigenschaft ist erfüllt, wenn der landwirtschaftliche Betrieb dem Erben tatsächlich als Existenzgrundlage dient und damit aktiv bewirtschaftet wird. Zum Hof gehören hierbei alle Grundstücke des Hofeigentümers, die regelmäßig von der Hofstelle aus bewirtschaftet werden (§ 2 HöfeO) und dieser muss auch als ein solcher im Grundbuch ausgewiesen sein.


Wer kommt als Hoferbe in Betracht?

Im Erbfall wird der Hof gemäß § 4 HöfeO nur einem Erben überlassen, Miterben haben hier kein Anrecht auf den entsprechenden Betrieb. Die übrigen Erbberechtigten, die sogenannten weichenden Erben, gehen allerdings nicht leer aus, sondern haben einen Anspruch auf die Barauszahlung einer Abfindung, sofern der Erblasser nichts Gegenteiliges bestimmt hat. Dieser Abfindungsanspruch bemisst sich nach dem Hofeswert zum Zeitpunkt des Erbfalls (§ 12 Abs. 1, 2 HöfeO) und ist in der Regel geringer als Pflichtteilsansprüche im gewöhnlichen Erbrecht. Das hoffreie Vermögen indes ist strikt vom Hoferbe zu trennen. Hierüber entsteht eine Miterbengemeinschaft der übrigen Erbberechtigten.

Der Hofeigentümer und Erblasser kann im Rahmen einer letztwilligen Verfügung, sei es Testament oder Erbvertrag, den Hoferben frei bestimmen. Grundsätzlich muss es sich bei diesem um einen wirtschaftsfähigen Abkömmling des Erblassers handeln (§ 7 HöfeO). Die Wirtschaftsfähigkeit ist dann gegeben, wenn der Nachfolger sowohl über landwirtschaftlich-technische Fähigkeiten als auch über organisatorische und kaufmännische Fähigkeiten verfügt, die für den konkreten Betrieb notwendig sind. Denn der Hoferbe soll die Weiterführung des Betriebes gewährleisten. Hat der Hofeigentümer keine Vorkehrungen getroffen, greift die gesetzliche Erbfolge nach der Höfeordnung (§ 5 ff. HöfeO) oder den erbrechtlichen Regelungen des BGB.


Hofeigenes und hoffreies Vermögen

Das dem Hof an sich zugehörige Hofeszubehör ergibt sich aus § 3 HöfeO. All das private, vom Hofeszubehör abzugrenzende Vermögen des Erblassers ist sogenanntes hoffreies Vermögen. Über das hoffreie Vermögen als Teil des Nachlasses findet also eine rechtlich getrennte Erbauseinandersetzung nach dem allgemeinen Erbrecht des BGB statt.



Bickenbach, den 30.09.2020

Mitgeteilt von
Praktikantin Thalia Schneider
Dingeldein • Rechtsanwälte

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung für deren Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.