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Gemeinschaftliches Testament

Jeder kennt die Begrifflichkeiten und hat eine gewisse Vorstellung davon - das gemeinschaftliche Testament unter Eheleuten. Ab wann man ein solches verfassen sollte und warum es ratsam ist, beim Entwurf auf einen Fachanwalt zurückzugreifen:


Wann ist die Zeit für ein gemeinschaftliches Testament gekommen?

Über den Tod wird zu Lebzeiten selten gerne gesprochen. Dennoch ist es wichtig, seinen letzten Willen in Form eines Testaments rechtzeitig niederzulegen, wenn man eine gewisse Vorstellung davon hat, was mit dem eigenen Vermögen nach seinem Ableben passieren soll und Streit zwischen den Kindern vermeiden möchte. Denn hiergegen helfen nur klare Regelungen, die nicht auslegungsbedürftig und damit nicht angreifbar sind.

Falsch ist der Gedanke, dass man erst ein Testament braucht, wenn man alt ist. Erstens fühlt man sich selten alt, dieser Zeitpunkt tritt daher de facto viel zu spät ein. Aber vor allen Dingen dient das Testament in erster Linie der Regelung des eigenen Vermögens nach seinem Tod. Daher ist für ein Testament genau dann der richtige Zeitpunkt gekommen, wenn man eigenes Vermögen besitzt. Konkret tritt dieser Fall spätestens mit dem Kauf eines Hauses ein, frühestens mit dem Erhalt einer Erbschaft.

Testamentarisch verfügen muss man selbstredend nicht, wenn das Testament ohnehin mit der gesetzlichen Erbfolge identisch ist. Aber Vorsicht: Sobald die Kinder verheiratet sind, wird der letzte Wille nicht mehr dem der gesetzlichen Vermutung gleichen. Denn: Üblicherweise möchte man sein Vermögen im Todesfall an seine Kinder weitergeben. Dieses soll dann wiederum an die Kindeskinder weitergehen, usw. Das Vermögen soll letztlich in der Familie bleiben. Das ist nicht der Fall, wenn beispielsweise ein eigenes Kind bereits selbst verheiratet ist und Kinder hat. In dessen Todesfall kriegen nicht nur die Kinder alles, sondern grundsätzlich eben auch der Ehegatte. Wenn man das ausschließen möchte, braucht man eben doch ein Testament.


Warum einen Fachanwalt beauftragen, wenn ich im Internet zahlreiche Muster finde?

Berechtigte Frage, aber die Antwort ist im Prinzip allgemeingültig: Im Internet kann jeder alles veröffentlichen, es wird nicht geprüft. Hinzu kommt: Selbst, wenn ein Fachanwalt einen Artikel veröffentlicht, dient er insbesondere im juristischen Bereich immer nur als Richtschnur, aber niemals für den konkreten Einzelfall. Denn hier kann es im Zweifel wieder ganz anders aussehen. Und diese Feinheit kann eben nur ein Fachanwalt beurteilen. Der Teufel steckt im Detail.

Juristen sind Krümelpedler. Und das bricht dem Laien häufig das Kreuz. Denn Dinge, die er als selbstverständlich annimmt, werden ihm vom Juristen mit Sicherheit zerpflückt werden. Zwar ist ein Testament theoretisch immer aus der Laiensphäre zu betrachten und der Wille des Erblassers dem Ganzen zu entnehmen. Doch gerne begnügen sich die Gerichte rein mit dem Wortlaut, denn diesen haben sie schwarz auf weiß. Und wenn da halt nichts steht, weil es für den Testierenden selbstverständlich erschien, dann kommt am Ende doch etwas ganz anderes heraus, woran der Erblasser im Zweifel nie gedacht hat, aber derjenige, der durch das Testament benachteiligt wird, plötzlich spitzfindig wird.


Wann ist ein gemeinschaftliches Testament wirksam?

Grundsätzlich gilt für jedes Testament, dass nur zwei Formen zu beachten sind: Die Handschriftlichkeit und die Unterzeichnung zum Schluss. Auch ein auf dem Bierdeckel verfasstes Testament genügt damit der Form, solange der Text eigens niedergeschrieben ist und mit einer Unterschrift versehen ist. Ein Datum erleichtert es bei mehreren Testamenten, zuzuordnen, welches das Letzte und somit Gültige ist, ist aber kein muss. Ein späterer Zusatz unter der Unterschrift ist unwirksam, da die Unterschrift den Abschluss des Testaments bildet. Hier bleiben die Gerichte eisern.

Nicht zwingend erforderlich ist es, ein Testament notariell beurkunden zu lassen. In manchen Fällen ist dies jedoch ratsam, beispielsweise dann, wenn es um ein großes Nachlassvolumen geht, man den Erben die Kosten für den Erbschein ersparen möchte oder gewiss ist, dass es Streit geben wird.

Ein gemeinschaftliches Testament nach § 2265 BGB kann nur zwischen Ehegatten errichtet werden. Es genügt hier, wenn ein Ehepartner das Testament handschriftlich niederschreibt und unterzeichnet und der andere lediglich "Dies ist auch mein letzter Wille" hinzufügt und sodann mit einer Unterschrift versieht.


Welche Verfügungen prägen ein gemeinschaftliches Testament?

Es gibt drei verschiedene Grundarten von gemeinschaftlichen Testamenten, diese können sich durchaus auch überschneiden:

  1. gleichzeitige Verfügungen
    In der Regel verfassen die Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament gleichzeitig, wie oben geschildert. Das muss jedoch nicht zwangsläufig sein. Es ist auch möglich, dass die Eheleute zwei Testamente aufsetzen, die auf irgendeine Art äußerlich zu einem Testament verbunden sind, der Inhalt des einen jedoch jeweils völlig unabhängig vom anderen ist. Beispiel: Jeder Ehepartner setzt seine Kinder aus 1. Ehe zu seinen Erben ein.

  2. gegenseitige Verfügungen
    Diese Variante kommt in der Praxis so häufig vor, dass sie einen eigenen Namen hat: Das sogenannte Berliner Testament. Prägend hierfür ist, dass sich die Eheleute gegenseitig im Sinne von § 2269 BGB als Erben einsetzen, um sich zum Beispiel im Alter davor abzusichern, dass dem Überlebenden das "Dach über dem Kopf" genommen wird.

  3. wechselbezügliche Verfügungen
    Wechselbezüglichkeit im Sinne von § 2270 BGB meint, dass der eine Ehegatte nur gemeinsam mit dem anderen eine Verfügung getroffen hat, die auch nach dem Tod des einen von dem anderen nicht mehr aufgehoben werden soll, sondern Bindungswirkung entfaltet.

    Das heißt: Verfügen die Ehegatten gemeinsam, dass nach dem Tod des Längstlebenden beispielsweise beide Kinder zu je 1/2 erben sollen, dann kann sich mit dem Tod des einen Ehegatten der andere Ehegatte über diese gemeinsam getroffene Verfügung nicht mehr eigenständig hinwegsetzen.

    Wechselbezüglich können nur bestimmte Verfügungen sein und muss nicht das gesamte Testament betreffen. Beispiel: Setzen sich die Ehegatten lediglich gegenseitig als Erben ein und lassen sie es offen, was nach dem Tod des Erstversterbenden passieren soll, dann kann der Längstlebende ein neues Testament verfassen. Tut er dies nicht, so gilt die gesetzliche Erbfolge.

    Wechselbezüglichkeit kann auch nur umrahmt werden. Beispiel: Die Ehegatten bestimmen gemeinsam, dass nach dem Tod des Längstlebenden die Kinder erben sollen, lassen es aber offen, zu welcher jeweiligen Quote. Dann kann der Längstlebende neu verfügen, je nach dem, wie sich die Kinder entwickeln.

    Wechselbezüglich können aber auch sämtliche Verfügungen sein. Dann hat man zu Lebzeiten gemeinsam entschieden, wie nach dem Tod des einen und auch nach dem Tod des anderen Ehegatten verfahren werden soll.

    Wichtig ist: Leben noch beide Ehegatten, können sie jederzeit gemeinsam das gemeinschaftliche Testament widerrufen und ein völlig neues, nicht zwingend gemeinschaftliches, errichten. Auch eine Scheidung vernichtet die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments.

    Schließlich ist noch zu beachten, dass sämtliche im Testament getroffenen Verfügungen nur wirksam sind, sofern es sich hierbei ausschließlich um Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen handelt.


Berliner Testament:

In § 2269 BGB wird Eheleuten die Möglichkeit eingeräumt, sich gegenseitig als Erben einzusetzen, das sogenannte "Berliner Testament". Das Berliner Testament stellt eine spezielle Form des gemeinschaftlichen Testaments dar. In der Regel setzen sich die Eheleute zunächst gegenseitig als Erben ein und für den Fall des Todes des letztlebenden Ehegatten können weitere Erben eingesetzt werden, die anschließend erben sollen. Bei der Erbeinsetzung können die Ehepartner zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden:


Einheitsprinzip oder Voll- und Schlusserbschaft:

Die Eheleute entscheiden, dass sie sich zunächst gegenseitig als Vollerben einsetzen und bestimmen nach dem Tod des Längstlebenden lediglich eine Schlusserbschaft. Vollerben können völlig frei über den Nachlass verfügen, denn mit dem Tod des ersten Ehegatten wird der zweite Ehegatte Alleinerbe. Das bedeutet, dass sich der Längstlebende in keiner Weise einschränken muss, sondern über das gesamte Vermögen, sprich sein eigenes plus das des verstorbenen Ehegagtten, verfügen kann. Er könnte auch das komplette Vermögen ausgeben, sodass für den Schlusserben nichts mehr übrig bliebe.

Mit dem Einheitsprinzip kann vermieden werden, dass der letztlebende Ehepartner plötzlich mittellos dasteht. Sollte er beispielsweise über einen längeren Zeitraum Pflege Dritter in Anspruch nehmen müssen, so ist er vollumfänglich mit dem gesamten Ehevermögen abgesichert.


Trennungsprinzip oder Vor- und Nacherbschaft:

Die Eheleute können sich auch gegenseitig als Vorerben einsetzen und nach dem Tod des Längstlebenden Nacherben bestimmen. Im Unterschied zum Einheitsprinzip werden sowohl der Vor- als auch der Nacherbe beide Rechtsnachfolger des Verstorbenen. Sie erben jedoch nicht gleichzeitig, sondern zeitlich versetzt nacheinander.

Das Trennungsprinzip ermöglicht es dem Vorerben, die Weitergabe seines Vermögens weit über den Zeitpunkt seines eigenen Todes hinaus zu steuern. Dies dient vor allem längerfristigen Bindungen und der Erhaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Familienvermögens.

Der Nachlass des verstorbenen Ehegatten bleibt während der Vorerbschaft vom Vermögen des Vorerben getrennt. Auch können Gläubiger des Vorerben nicht auf den Nachlass zugreifen. Das macht beispielsweise Sinn, wenn sich im Nachlass ein Unternehmen befindet, da hier stets ein gewisses Insolvenzrisiko vorherrscht, das nicht auf Privatpersonen übergehen sollte.

Der Erblasser kann übrigens frei ein Ereignis bestimmen, ab welchem dieser Nacherbe werden soll. Dieses ist in der Regel der Tod des Vorerben, kann aber auch beispielsweise eine erneute Heirat des Vorerben sein.


Die sogenannte Jastrow'sche Klausel oder auch Pflichtteilsstrafklausel

Durch die gegenseitige Einsetzung der Ehegatten als Alleinerben (Einheitsprinzip) werden juristisch betrachtet die Schlusserben zunächst enterbt. Dies löst bei Angehörigen ggf. Pflichtteilsansprüche aus. Konkret kann es aufgrund der zwingenden gesetzlichen Regelung nicht vermieden werden, dass nach dem Tod des einen Ehegatten bereits ein Kind die "Hand aufhält", als wie von den Eheleuten gewollt den Tod beider abzuwarten.

Um die Schlusserben, die gleichzeitig nahe Angehörige sind, zu motivieren, keine Pflichtteilsansprüche geltend zu machen, wird die Jastrow'sche Klausel ins Testament eingebaut.

Diese Strafklausel bestraft denjenigen, der entgegen den Willen der Testierenden bereits mit dem ersten Todesfall seinen Pflichtteil geltend macht, insofern, als dass er ihn von der Schlusserbschaft ausschließt. Da der Pflichtteil nach § 2303 BGB immer nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt, rentiert es sich für den Schlusserben, "abzuwarten", bis beide Ehegatten verstorben sind, um das volle Erbe zu erhalten.



Mitgeteilt von
Felix Hartmann, Rechtsreferendar
Dingeldein • Rechtsanwälte

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