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Arbeitsschutz während der Corona - Pandemie

Die Sars - CoV2 - Arbeitsschutzregel soll Beschäftigte innerhalb der Arbeitsstätte vor einer Infektion mit dem Corona - Virus schützen. Obwohl die Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen nicht zwingend ist, sollten Arbeitgeber aus verschiedenen Gründen deren Umsetzung ernstnehmen.


Allgemeines:

Die Sars - CoV2 - Arbeitsschutzregel wurde am 20.08.2020 im Ministerialblatt veröffentlicht und ist zeitlich befristet auf das Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (§ 5 IfSG). Sie ist kein Gesetz und auch keine Verordnung und wirkt deshalb nicht unmittelbar und zwingend. Allerdings muss sie bei der Einhaltung mehrerer arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben Beachtung finden, sodass die Nichtumsetzung ein Risiko für den Arbeitgeber darstellt.


Beachtung der Arbeitsschutzregel bei der Gefährdungsbeurteilung:

Im Arbeitsschutzrecht muss der Arbeitgeber eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung durchführen, um anschließend Maßnahmen für den Arbeitsschutz ergreifen zu können (§ 5 I ArbSchG). Für diesen Vorgang ist, falls vorhanden, der Betriebsrat hinzuzuziehen (§ 87 I Nr. 7 BetrVG). Dieser ist bei der Organisation und Durchführung der Gefährdungsbeurteilung, sowie der konkreten Festlegung von Maßnahmen zu beteiligen, während die Ermittlung und Bewertung der Gefährdungen allein Sache des Arbeitgebers ist.

In der Gefährdungsbeurteilung, muss der Arbeitgeber prüfen, wann innerhalb des Arbeitsablaufes erhöhte Infektionsrisiken bestehen. Nach erfolgter Gefährdungsbeurteilung müssen entsprechende Maßnahmen umgesetzt und dabei der Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen berücksichtigt werden (§ 4 Nr. 3 ArbSchG; § 3a I ArbStättV). Die Maßnahmen nach dem Stand der Technik werden von Arbeitsausschüssen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in technischen Regeln zum Arbeitsschutz konkretisiert. Die Sars - CoV2 - Arbeitsschutzregel stellt eine solche Konkretisierung dar und muss demzufolge bei der Festlegung und Umsetzung der Schutzmaßnahmen beachtet werden.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung kann der Arbeitgeber aber auch je nach Arbeitsplatzsituation entscheiden, welche der in der Arbeitsschutzregel empfohlenen Maßnahmen überhaupt sinnvoll und zugeschnitten auf den individuellen Arbeitsplatz umgesetzt werden können.

Vermutungsregelung der Arbeitsstättenverordnung:

Setzen die Arbeitgeber Arbeitsschutzmaßnahmen entsprechend der Empfehlungen um, ist davon auszugehen, dass die in der Arbeitsstättenverordnung gestellten Anforderungen erfüllt sind (§ 3a I 3 ArbStättV). Für den Fall, dass der Arbeitgeber von den Empfehlungen abweicht, muss er allerdings im Streitfall beweisen, dass er durch andere Maßnahmen den gleichen Schutz für seine Beschäftigten erreicht hat (§ 3a I 4 ArbStättV).

Pflicht zum Schutz der Gesundheit aus dem Arbeitsvertrag:

Auch im Zivilrecht existiert, als Nebenpflicht des Arbeitgebers, die Pflicht, den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten (§ 618, 241 II BGB). Sie wird durch die Regelungen zum Arbeitsschutz konkretisiert. Verletzt der Arbeitgeber diese Pflicht in erheblichem Maße, so kann der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung verweigern, ohne dass er seinen Lohnanspruch verliert. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, da der Lohnanspruch bei Arbeitsverweigerung nicht besteht, wenn dem Arbeitgeber nur geringfügige oder kurzzeitige Verstöße zur Last zu legen sind. Im Zweifel kann die Arbeitsverweigerung dann sogar für den Arbeitnehmer zum Verlust des Arbeitsplatzes führen. Was als erheblicher Verstoß zu betrachten ist, muss letztlich je nach Einzelfall entschieden werden. Werden die Beschäftigten einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt, weil der Arbeitgeber keinen Mund - und - Nasenschutz zur Verfügung stellt, kann beispielsweise von einem erheblichen Verstoß ausgegangen werden. Erkrankt ein Arbeitnehmer tatsächlich aufgrund unzureichender Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit an dem Corona - Virus, so gerät der Arbeitgeber diesbezüglich in die Haftung.


Kontrolle der Einhaltung des Arbeitsschutzes:

Zusätzlich zu der Sars - CoV2 - Arbeitsschutzregelung gibt es die Leitlinie zur Beratung und Überwachung während der SARS-CoV-2-Epidemie. Diese soll insbesondere ein einheitliches Vorgehen der Aufsichtsbehörden ermöglichen. Mängel im Arbeitsschutz sollen zudem zunächst mithilfe von Beratungen und Gesprächen mit den Unternehmen beseitigt werden. Notfalls können aber auch Bußgelder verhängt werden. Unabhängig von den speziell wegen der Epidemie erlassenen Regelungen, können die Aufsichtsbehörden unangekündigte Kontrollen in den Unternehmen durchführen (§ 22 II 1 ArbSchG). Diese sind insbesondere auch nach anonymen Hinweisen von Arbeitnehmern möglich. Hat die Behörde aufgrund von bestehenden Mängeln bestimmte Maßnahmen angeordnet und werden diese nicht innerhalb einer bestimmten Frist umgesetzt, kann sogar eine Betriebsuntersagung durch die Aufsichtsbehörde erfolgen (§ 22 III 3 ArbSchG).

Ergebnis:

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Arbeitgeber in Ansehung möglicher Haftungsrisiken oder Beweisschwierigkeiten sowie behördlich auferlegten Maßnahmen, gut daran tun die Empfehlungen der Sars - CoV2 - Arbeitsschutzregelung umzusetzen. Im Zweifel kann es bei unzureichendem Arbeitsschutz nicht nur zu einer Auseinandersetzung mit den Arbeitnehmern, sondern auch mit den Aufsichtsbehörden kommen.



Bickenbach, den 02.10.2020

Mitgeteilt von
Praktikantin Antonia Buschbeck
Dingeldein • Rechtsanwälte

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