In der heutigen Zeit sind die sozialen Medien sehr beliebt und präsent. Viele Berichterstatter der sozialen Medien und auch der Nachrichtensender bemühen sich um Schlagzeilen, die eine große Zuschauerschaft anziehen sollen und nehmen dabei vieles in Kauf, unter anderem Berichterstattungen oder auch Interviews über private Konflikte öffentlicher Personen. Viele dieser Menschen fühlen sich dadurch in dessen Würde verletzt. Fraglich erscheint zunächst inwieweit die Würde des Menschen vom Staat geschützt wird.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 GG ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Allein die Tatsache, dass die Würde des Menschen systematisch am Anfang des Grundgesetzes steht, zeigt, dass diese oberste Priorität im grundgesetzlichen Wertesystem hat.
Die Menschenwürde wird vom Bundesgerichtshof (BGH) als Wert- und Achtungsanspruch verstanden, der dem Menschen kraft seines Menschseins zukommt, unabhängig von seinen Eigenschaften, seinem körperlichen oder geistigen Zustand, seinen Leistungen oder sozialem Status.
Der Achtungsanspruch kann durch verschiedene Verhaltensweisen unter anderen durch Erniedrigung, Verfolgung und Brandmarkung dem Menschen abgesprochen werden.
Es gibt keine allgemeinen Vorgaben wann es zu einem Angriff in die Menschenwürde kommt, sondern vielmehr kommt es auf den Menschen an, wie sehr er sich in seiner Würde verletzt fühlt. Zu beachten ist jedoch, dass übertriebene Empfindlichkeit nicht vom Staat geschützt wird. Geschützt wird der Kernbereich der menschlichen Existenz vor schweren Beeinträchtigungen. Geschützt hingegen wird man nicht vor geschmacklosen Äußerungen.
Umstritten ist, ob und inwieweit die Würde des Menschen über den Tod hinaus noch vom Staat geschützt wird. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass die Menschenwürde über den Tod hinaus zu achten und zu schützen sei. Der sogenannte postmortale Achtungsanspruch. Der Schutz umfasse die Ehre des Verstorbenen und den Schutz seines Leichnams als Hülle der verstorbenen Person, der nicht wie beliebige Materie behandelt werden dürfe.
Die Würde des Verstorbenen wird dahingehend geschützt, das dessen Lebensbild in der Wahrnehmung der Nachwelt, vor Erniedrigung oder diffamierender Darstellung durch Dritte zu schützen sei. Folglich geht es um den Schutz vor besonders schweren Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsbildes des Verstorbenen. Der postmortale Persönlichkeitsschutz verblasst mit der Zeit.
Anhand des jüngsten Urteils des Kammergerichts Berlin wird nochmal der enge Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG nochmal deutlich. (Urt. v. 29.08.2024, Az. 10 U 168/22)
Der Fußballer Jerome Boateng hat über seine inzwischen verstorbene damalige Ex-Freundin Kasia Lenhardt ein Interview gegeben, in dem er Behauptungen über Lenhardt aufgestellt hat, dass diese seine Beziehung zu seinen Kindern aus einer früheren Partnerschaft genutzt hat, um ihn zu erpressen und dass sie Alkoholprobleme gehabt haben soll. Die Mutter von Lenhardt ging nach dem Tod ihrer Tochter gerichtlich gegen Boateng vor, um die Äußerungen die Boateng über ihre Tochter getätigt hat, verbieten zu lassen, jedoch erfolglos.
Das Gericht ist der Ansicht, dass eine Verletzung des postmortalen Achtungsanspruch nicht vorlege. Die von Boateng getätigten Äußerungen seien zwar verletzend, aber nicht in dem Maße, dass sie eine schwere Beeinträchtigung der Menschenwürde darstellen.
Weiterhin hätte Lenhardt kein Lebensbild und zwar keine besondere Lebensleistung hinterlassen, aus der ein besonderes öffentliches Ansehen erwächst. Kasia Lenhardt war als Influencerin in den sozialen Medien zu sehen, in denen sie ihre Bilder veröffentlichte. Dies genügte dem Gericht anscheinend nicht für ein besonderes öffentliches Ansehen.
Der Fußballer Boateng entschuldigte sich jedoch nach dem Urteil für das Interview und sieht ein, dass das Interview ein Fehler war. Auch vor Gericht erklärte Boatengs Anwältin, dass dieser nicht beabsichtigt solche Aussagen zu wiederholen.
Bickenbach, den 05.09.2024
Mitgeteilt von
WissMit Dilan Nayir
Dingeldein • Rechtsanwälte
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