Ein sehr schwer wiegender Vorfahrtsverstoß durch einen Fahrradfahrer kann die Betriebsgefahr eines am Unfall mitbeteiligten Kraftfahrzeugs verdrängen!
Einem Fahrradfahrer kann dann die alleinige Haftung auferlegt werden, wenn er die Vorfahrt missachtet und es dadurch zum Unfall mit einem Auto kommt. Das Landgericht Lübeck (Urteil vom 17.01.2024, Az. 6 O 8/22) verneinte Ersatzansprüche eines bei einem so zustande gekommenen Unfall verletzten Fahrradfahrers.
Ein Fahrradfahrer fährt entlang einer Landstraße auf einem Radweg, der einen Autobahnzubringer kreuzt. Der Autoverkehr hat an dieser Stelle Vorfahrt. Dem Radfahrer kommt eine Autofahrerin entgegen, die über diesen Zubringer auf die Autobahn fahren möchte. Als sich die beiden Fahrwege kreuzen, kommt es zum Unfall und der Radfahrer wird schwer verletzt.
Vor dem Landgericht Lübeck verlangt der Fahrradfahrer von der Autofahrerin Schmerzensgeld, wegen der von ihm selbst gesehenen Mitverursachung zu einer Quote von 2/3. Er trägt dabei vor, er habe zwar die Vorfahrt missachtet, die Autofahrerin sei aber zu schnell gefahren und habe freie Sicht gehabt. Sie hätte den Unfall also vermeiden können. Die Autofahrerin entgegnet, sie sei von der Sonne geblendet worden und habe den Radfahrer daher erst im letzten Moment gesehen und nicht mehr reagieren können.
Das Landgericht Lübeck hat eine Haftung der Autofahrerin vollends verneint. Das Gericht hat Zeugen befragt und ein Gutachten eines technischen Sachverständigen eingeholt. Daraus hat sich ergeben, dass die Autofahrerin nicht zu schnell, sondern eher langsam gefahren ist und trotzdem keine Zeit mehr gehabt hatte, zu reagieren. Der Vorfahrtsverstoß durch den Fahrradfahrer wiegt daher - so das Gericht - so schwer, dass die Betriebsgefahr auf Seiten der Autos verdrängt wird.
Bickenbach, den 10.10.2024
Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte
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