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Verkehrswertschätzung von Nachlassimmobilien

Der Todesfall eines nahen Angehörigen führt nicht nur zu einer starken emotionalen Belastung, sondern kann auch einen hohen bürokratischen Aufwand für die Erben bedeuten, insbesondere wenn der Nachlass Immobilien umfasst.


Verschiedene Möglichkeiten zur Verkehrswertschätzung von Immobilien

Nicht nur im Falle einer Erbstreitigkeit ist für die Feststellung des tatsächlichen Umfanges des Nachlasses eine Ermittlung des Werts einer Immobilie notwendig, der Verkehrswert wird auch insbesondere für die Steuererklärung beim Finanzamt benötigt. In Hessen bestehen verschiedene Möglichkeiten zur Schätzung des Verkehrswerts einer Immobilie. Einerseits kann die Schätzung durch einen Sachverständigengutachter durchgeführt werden, andererseits können in Hessen auch die sogenannten Ortsgerichte eine Verkehrswertschätzung durchführen. Diese werden inzwischen von den Finanzämtern nicht mehr als verbindlich angesehen, stellen jedoch in den meisten Fällen eine hinreichende Einschätzung dar.


Benötigte Unterlagen für die Schätzung durch das Ortsgericht

Während für die Verkehrswertschätzung durch einen Sachverständigengutachter häufig hohe Kosten entstehen und mit einer langen Bearbeitungsdauer zu rechnen ist, ist die Beurteilung durch das Ortsgericht vergleichsweise günstig und wird in der Regel innerhalb weniger Monate fertig gestellt. Für die Beurteilung durch das Ortsgericht werden allerdings eine Reihe von Unterlagen benötigt:

  • Antrag zur Berichtigung des Grundbuches oder Erbschein oder beglaubigte Abschrift der Verfügung von Todeswegen mit Eröffnungsprotokoll. Bei der Erbengemeinschaft muss eine gemeinsame Beantragung erfolgen.
  • Ein Auszug der Flurkarte
  • Baugenehmigung und Bauzeichnungen der Immobilie sowie aller Anbauten
  • Ein Auszug aus dem Baulastenverzeichnis
  • eine Wohn- und Nutzflächenberechnung
  • Nachweise über Modernisierungen
  • Liste der Instandhaltungsmaßnahmen der letzten 15 Jahre
  • Eine Auflistung der Altlasten, Mängel oder wesentlichen Schäden
  • Bei Eigentumswohnung: Protokolle der letzten 3 Eigentümerversammlungen, die Teilungserklärung, Aufteilungsplan und Nebenkostenabrechnung
  • Erbbaurecht: Erbbauvertrag und aktuelle Erbbauzinsen
  • Immobilien mit Denkmalschutz: Denkmalbescheid in Kopie
  • Mietobjekte: Mietverträge, Nettokaltmieten, Abruf der ortsüblichen Vergleichsmiete

Je nach Standort der Immobile können ortsspezifische weitere Unterlagen erforderlich sein, diese erfragen Sie am besten bei Ihrem zuständigen Ortsgericht vorab, um den Fortgang zu beschleunigen. Je mehr Unterlagen Sie dem Ortsgericht vorlegen können, desto schneller und präziser kann das Gutachten angefertigt werden. Solche Unterlagen, die Sie nicht mehr in Ihrer Verwahrung haben sollten, müssen bei den zuständigen Behörden von Ihnen angefordert werden, wodurch eine gewisse Bearbeitungsdauer mit einzukalkulieren ist.

Liegen alle diese Unterlagen vor, vereinbart das Ortsgericht einen Begehungstermin vor Ort mit Ihnen. Bei diesem Begehungstermin wird das Objekt von außen wie auch von innen in Augenschein genommen. Sollte das Objekt Mietwohnungen enthalten, sollten auch diese begangen werden, damit die Schätzung durch das Ortsgericht möglichst präzise vorgenommen werden kann. Nach Abschluss der Begehung kann der Verkehrswert durch das Ortsgericht festgelegt werden.


Fazit

Es besteht keine Pflicht zur Einholung eines Verkehrswertgutachtens. Zur Eruierung einer realistischen Größenordnung ist die Beauftragung des Ortsgerichts kostengünstig und schnell. Wer es bevorzugt, sämtliche damit verbundenen Aufgaben aus den Händen zu geben, wird den Sachverständigengutachter zu schätzen wissen, der sich mittels Vollmacht um die Einholung sämtlicher Unterlagen und die notwendigen Korrespondenzen kümmert.



Bickenbach, den 27.08.2024

Mitgeteilt von
Praktikantin Lina Bickelhaupt
Dingeldein • Rechtsanwälte

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