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(K)eine Verkehrssicherungspflicht für Bäume im Wald?


Der Fall

Ein Fahrradfahrer war in Nordrhein-Westfalen auf einem Rad- und Wanderweg unterwegs, als plötzlich von einer am Wegesrand stehenden Eiche die Baumkrone in sechs bis sieben Meter Höhe abbrach und auf ihn stürzte. Der Mann wurde dabei erheblich verletzt. Von der Kommune forderte er Schadensersatz und Schmerzensgeld, da die Kommune ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe.


Das Urteil

Das erstinstanzlich zuständige Landgericht hatte die Klage des Radfahrers abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) sei die Verkehrssicherungspflicht des Waldbesitzers nur auf die Sicherung gegen nicht waldtypische Gefahren beschränkt. Eine Haftung für waldtypische Gefahren (wie z.B. Astbruch) bestehe grundsätzlich nicht.


Die Begründung

Das OLG Hamm (Urteil v. 30.06.2023, Az. 1 U 51/22) bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Die Verkehrssicherungspflicht für Bäume sei allein insoweit als hoheitliche Aufgabe ausgestaltet, als es sich bei ihnen um "Straßenbäume" handelt. Die beklagte Kommune habe schon deshalb keine öffentlich-rechtliche Verkehrssicherungspflicht getroffen, weil der unfallverursachende Baum nicht an einer öffentlichen Straße stand. Eine Haftung der Kommune scheitere aber auch daran, dass es sich bei der schadensverursachenden Eiche um keinen dem Rad-/Wanderweg zuzuordnenden Straßenbaum gehandelt habe. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein Baum, der am Rand eines an einer öffentlichen Straße angrenzenden Waldgrundstücks steht, nur dann der Straße zuzuordnen, wenn er Eigentümlichkeiten aufweist, die ihn vom Waldsaum abheben. Solange er unauffällig im Wald steht, erstreckt sich die öffentlich-rechtliche Verkehrssicherungspflicht des Straßenbauträgers nicht auf ihn (so bereits BGH, Urteil v. 19.01.1989, Az. III ZR 258/87)



Bickenbach, den 16.11.2023

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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