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Veräußerungserlöse im Unterhalt

Wann ist Unterhalt zu leisten, woraus ergibt sich der Anspruch, wie berechnet sich die Höhe des Unterhaltsanspruches und welche Einwände gibt es gegen die Leistung von Unterhalt? Dass sich die Berechnungen nicht nach strengen mathematischen Formeln machen lassen, sondern juristisches Feingespür benötigt, zeigt Herr RA Martin Wahlers in diesem Artikel auf.


Wie berechnet sich die Höhe des Unterhalts?

Die Höhe von Kindesunterhaltsansprüche richtet sich nach dem durchschnittlichen Einkommen der unterhaltspflichtigen Person. Einkommen im Sinne des Unterhaltsrechts sind nach der Rechtsprechung nicht nur die Einkünfte iSd § 2 Abs. 1 EStG, sondern grundsätzlich alle zufließenden, verfügbaren Mittel, gleich welcher Art sie sind und aus welchem Anlass sie im Einzelnen erzielt werden, wenn sie geeignet sind, den gegenwärtigen Lebensbedarf des Beziehers sicherzustellen. Damit ist aber begrifflich auch ein Geldzufluss aus der Veräußerung von Aktien, Gesellschaftsanteilen oder Immobilien umfasst.


Woraus ergibt sich der Unterhaltsanspruch?

Der Unterhalt ist in einem ersten Schritt nur aus den Erträgen des Vermögens zu leisten. Die Veräußerung von Vermögenswerten führt nicht zu Erträgen, also Einkünften aus der wirtschaftlichen Nutzung des Vermögensbestandteils, sondern wandelt das vorhandene Aktienkapital in liquides Geld um. Veräußerungserlöse sind daher grundsätzlich kein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. Es kommt aber im Einzelfall auch die Verwertung des Vermögenstamms selbst in Betracht, wenn dies zumutbar ist. Die Zahlung von Unterhalt aus der Substanz des Vermögens kann nur in Betracht kommen, wenn der Schuldner aus seinem Einkommen nicht wenigstens 100 % des Mindestunterhalts leisten kann. Er muss dann das Vermögen einsetzen, um den Mindestunterhalt zu leisten, aber nicht dazu, höhere Prozentsätze des Mindestunterhalts als bisher festgelegt hiermit zu finanzieren. Kurz: wenn ein Unterhaltsverpflichteter auch nach Verkauf in der Lage ist, den bisher festgelegten Unterhalt weiter zu bezahlen, kommt ein darüberhinausgehender Unterhaltsanspruch nicht in Betracht.


Welche Einwände gibt es?

Sollte der Verpflichtete dann weniger Aktiengewinne/Mieteinkünfte/Erlöse aus Gesellschaftsbeteiligung o.ä. erzielen und mit diesem Argument den Unterhalt kürzen wollen, müssten er oder sie darlegen, dass die Reduzierung der Erträge nicht mutwillig war und dass es insbesondere nicht möglich war, anderweitig aus den Erlösen Einkünfte wie bisher zu generieren. Anderenfalls wäre ihm oder ihr dann ein fiktives Einkommen zurechnen, sodass es bei der bisherigen Unterhaltsberechnung bliebe.



Bickenbach, den 13.10.2022

Mitgeteilt von
RA Martin Wahlers
Dingeldein • Rechtsanwälte

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