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Unterbrochene Betriebszugehörigkeit - Wie lange ist die Kündigungsfrist?


Arbeitsvertragliche Kündigungsfristen

Wer ein Arbeitsverhältnis kündigen will, muss eine Kündigungsfrist einhalten. Oft ist diese Kündigungsfrist vertraglich geregelt. Das Gesetz gibt aber eine Mindestfrist an, die nicht unterschritten werden darf. Diese Kündigungsfrist findet sich in § 622 BGB. Die Frist für den Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer zu kündigen ist in Absatz II festgelegt und bestimmt sich danach, seit wie vielen Jahren der Arbeitnehmer schon im Betrieb arbeitet. Wenn es im Arbeitsverhältnis zu Unterbrechungen kam, stellt sich die Frage, ob die komplette Zeit der Betriebszugehörigkeit für die Berechnung der Kündigungsfrist heranzuziehen ist, oder nur der Zeitabschnitt seit der Unterbrechung. Dies kann erhebliche Auswirkungen haben.


Unterbrechungen im Arbeitsverhältnis

Es kann ganz verschiedene Umstände geben, die Anlass zu der Frage bieten, ob noch eine einheitliche zusammenhängende Betriebszugehörigkeit vorliegt.

Das Arbeitsverhältnis kann einer wesentlichen Änderung unterworfen sein, etwa durch den Wechsel von der Probezeit in ein festes Arbeitsverhältnis, der Wechsel von Teilzeit in Vollzeit, aber auch durch einen Betriebsübergang, also einen Arbeitgeberwechsel.

Das Arbeitsverhältnis kann längere Zeit pausiert sein, etwa beispielhaft durch Mutterschutz, Grundwehrdienst oder durch eine vertragliche Pausierung, wie ein Sabbatical.

Das Arbeitsverhältnis kann aber auch enden und durch ein neues ersetzt werden. Dies kann unmittelbar aufeinander folgen, etwa weil ein befristeter Vertrag ausläuft und nicht verlängert wird, sondern durch einen neuen unbefristeten Vertrag ersetzt. Es kann aber auch Abstand zwischen den Verträgen liegen, wenn das Arbeitsverhältnis zunächst vollständig beendet wird, die Parteien später aber wieder zueinander finden und einen erneuten Arbeitsvertrag schließen.


Wesentliche Änderungen des laufenden Vertrags

Im Rahmen des § 622 II BGB geht es um die Zugehörigkeit zum Betrieb als Arbeitnehmer. Wesentliche Vertragsänderungen haben darauf keinen Einfluss. Die Betriebszugehörigkeit beginnt somit nicht erst mit der letzten Umstellung auf Vollzeit zu laufen. Sie läuft bereits seit dem ersten Teilzeitvertrag und seit Beginn der Probezeit. Auch die Zeit einer Ausbildung im Betrieb zählt zur Betriebszugehörigkeit, wenn der Arbeitnehmer direkt von der Ausbildung in ein Arbeitsverhältnis übernommen wurde.

Lediglich Zeiten eines Praktikums, das nicht als Arbeitsverhältnis ausgestaltet war, sind nicht zu berücksichtigen.

Auch bei einem Betriebsübergang (das bedeutet gem. § 613a BGB, dass der Betrieb identisch bleibt, aber der Betriebsinhaber wechselt) bleibt es bei einer durchgehenden Betriebszugehörigkeit.


Pausierung des Arbeitsverhältnisses

Liegen tatsächliche Umstände vor, zu denen das Gesetz eine Pausierung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, führt dies nicht zu einer Unterbrechung und einem Neubeginn der Betriebszugehörigkeit im Sinne des § 622 II BGB.

So handelt es sich auch nach einer jahrelangen Unterbrechung durch Mutterschutz um ein einheitliches Arbeitsverhältnis. Hat eine Arbeitnehmerin nach zwei Jahren der Betriebszugehörigkeit, aufgrund von Mutterschutz eine Abwesenheit von 3 Jahren, so hat sie danach eine Betriebszugehörigkeit von 5 Jahren im Sinne des § 622 II BGB.

Für eine Unterbrechung durch Wehrdienst oder eine Wehrübung regelt § 6 ArbPlSchG explizit die Anrechnung auf die Betriebszugehörigkeit.

Auch ein Pausieren wegen Krankheit, Urlaub oder Streik führt nicht zu einer Unterbrechung der Betriebszugehörigkeit. So entfällt zwar nach sechs Wochen durchgehender krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit die Pflicht des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung, sodass im Arbeitsverhältnis ab diesem Zeitpunkt keine gegenseitigen Leistungen erbracht werden. Die durchgehende Betriebszugehörigkeit bleibt aber bestehen.

Auch wenn vertraglich vereinbart wird, dass das Arbeitsverhältnis für eine bestimmte Zeit pausiert und anschließend wieder aufgenommen wird (etwa im Rahmen eines Sabbaticals) bleibt der Arbeitsvertrag und damit die vertragliche Bindung an den Betrieb bestehen.


Unterbrechung durch Ende des früheren und Aufnahme eines neuen Arbeitsvertrags

Wird ein Arbeitsverhältnis nur durch eine juristische Sekunde unterbrochen, indem der alte Vertrag beendet wird und der neue Vertrag am darauffolgenden Tag zu laufen beginnt (dies kann zum Beispiel nach dem Ablauf der Probezeit oder nach Ablauf eines befristeten Arbeitsverhältnisses geschehen), handelt es sich dennoch um ein zusammenhängendes Arbeitsverhältnis. Entsprechend zählt der gesamte Zeitraum für die Frist des § 622 II BGB.

Liegt allerdings eine Unterbrechung von einer gewissen zeitlichen Dauer zwischen dem Ende des alten Arbeitsvertrags und dem Beginn des neuen Arbeitsvertrags, kann das Arbeitsverhältnis dadurch unterbrochen sein, mit der Folge, dass der frühere Zeitraum für die Berechnung der Kündigungsfrist keine Berücksichtigung findet.

Aber auch bei einer zeitlichen Unterbrechung kann es zu einer Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit des alten Arbeitsvertrags kommen, wenn zwischen dem alten und dem neuen Arbeitsverhältnis ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht.

Ob eine Berücksichtigung zu erfolgen hat lässt sich in diesem Fall nicht allgemein sagen und ist im konkreten Einzelfall zu beurteilen. Besondere Faktoren sind dabei insbesondere der Anlass und die Dauer der Unterbrechung. Ein Indiz für eine Berücksichtigung ist es auch, wenn das Arbeitsverhältnis eng an das alte Arbeitsverhältnis anknüpft und inhaltlich nahtlos weitergeführt wird.

Dabei gilt, je länger die Unterbrechung andauert, desto stärker müssen die anderen Anhaltspunkte sein, dass es sich um ein zusammenhängendes Arbeitsverhältnis handelt. So wird bei einer Unterbrechung von wenigen Tagen oder Wochen regelmäßig von einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis auszugehen sein, bei einer Unterbrechung von über einem Jahr müssen hingegen schon außergewöhnliche Umstände vorliegen, um eine Anrechnung des alten Vertrags zu rechtfertigen.


Fazit

Generell lässt sich feststellen, dass die Betriebszugehörigkeit des § 622 II BGB sehr arbeitnehmerfreundlich ausgestaltet ist. Solange ein Arbeitsvertrag läuft, handelt es sich um ein zusammenhängendes Arbeitsverhältnis, ganz gleich ob es zu tatsächlichen Unterbrechungen kommt oder ob der Arbeitsvertrag und somit das Arbeitsverhältnis wesentlich verändert wird.

Eine Unterbrechung, die dazu führt, dass ein alter Vertrag nicht berücksichtigt wird, kommt nur in Betracht, wenn zwischen den Arbeitsverträgen für ein längeren Zeitraum überhaupt kein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien besteht. Aber auch an dieser Stelle bedeutet das noch nicht zwingend, dass der alte Vertrag nicht zu berücksichtigen ist, sondern erfordert eine Einzelfallbetrachtung.



Bickenbach, den 04.07.2024

Mitgeteilt von
Rechtsreferendar Clemens Ernst
Dingeldein • Rechtsanwälte

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