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Unfallversicherungsschutz für den Weg zum Getränkeautomaten

Das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ist bei Arbeitnehmern eine durchaus bekannte und zugleich problematische Frage, da viele Aspekte nicht eindeutig erscheinen. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung finden sich für die Problematik des Unfallversicherungsschutzes, der im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit entsteht, zahlreiche Entscheidungen. Nun kam am 07.02.2023 eine neue Entscheidung des hessischen Landessozialgerichtes (Az. L 3 U 202/21) dazu.


Der Fall

In dieser Entscheidung musste das LSG Hessen die Frage beantworten, ob der von einer Verwaltungsangestellten zurückgelegte Weg zu einem Getränkeautomaten im betrieblichen Sozialraum, der Unfallversicherung unterfällt.

Maßgeblich dafür sei die Einordnung als Arbeitsunfall. Dieser ist in § 8 Absatz 1 Satz 1 SGB VII definiert:

"Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)."


Die Entscheidung

Entscheidend sei dabei die Zuordnung zu einer versicherten Tätigkeit. Eine solche sei für die Nahrungsaufnahme anzunehmen:

"Dieser Versicherungsschutz beruht darauf, dass der während einer Arbeitspause zurückgelegte Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz in zweierlei Hinsicht mit der Betriebstätigkeit verknüpft ist. Zum einen dient die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Gegensatz zur bloßen Vorbereitungshandlung vor der Arbeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Zum anderen handelt es sich um einen Weg, der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden betriebsbezogenen Merkmale, des Handlungsziels und der Betriebsbedingtheit des Weges, wird der wesentliche innere Zusammenhang zwischen dem Betrieb und einem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg angenommen."

Eine solche Annahme liegt nach dem hessischen LSG auch für den zu entscheidenden Fall des Weges zum Getränkeautomaten im Betriebsgebäude vor:

"Es handelt sich bei dem Verzehr oder Verkauf von Lebensmitteln regelmäßig um eine unaufschiebbare, notwendige Handlung, die geeignet ist, die Arbeitskraft der Versicherten zu erhalten und die es ihr ermöglicht, die betriebliche Tätigkeit fortzusetzen." (Auszug aus den Entscheidungsgründen).


Fazit

Um welche Art von Getränk es sich dabei handele sei dabei unbeachtlich:

"Dabei kann es für den Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung auch keinen Unterschied machen, ob sich Versicherte einen Kaffee oder ein Wasser holen wollen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung nutzen Arbeitnehmer ihre Pausen gerade dazu, um Kaffee zu trinken." (Auszug aus den Entscheidungsgründen)

Insofern bejahte das LSG Hessen den Unfallversicherungsschutz der Verwaltungsangestellten, die auf dem Weg zum Sozialraum, in dem sie sich an dem Getränkeautomaten einen Kaffee kaufen wollte, stürzte.



Bickenbach, den 15.06.2023

Mitgeteilt von
WissMit Sabrina Jung
Dingeldein • Rechtsanwälte

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