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Sommerfest der Berliner Charité nur mit 2G+

Sommer 2022: Die Temperaturen steigen, so aber leider auch die Corona-Zahlen. Anders als in den Sommermonaten der Pandemiejahre 2020 und 2021 steigt die Zahl der Neuinfektionen kontinuierlich an. Dies ist u.a. der erstmals Anfang Mai in Südafrika registrierten Corona-Variante Omikron Subtyp BA.5 geschuldet. Zwar gilt sie als die bislang harmloseste Variante, dennoch ist sie um ein Vielfaches ansteckender und führt nach wie vor auch zu schweren Erkrankungen, insbesondere bei ungeimpften Menschen.

Wohl nicht zuletzt aus diesem Grund sah sich die Leitung Europas größter Uniklinik dazu veranlasst, für ihr nach 2 Jahren Pause wieder stattfindendes Sommerfest auf die Einhaltung der 2G+-Regel zu bestehen. Ein Mitarbeiter der IT, der diesen Vorgaben nicht entsprach, wollte trotzdem an dieser Party teilnehmen und verlangte im Wege einstweiligen Rechtsschutzes Zutritt auch ohne Einhaltung der Regel. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg lehnte dies jedoch in Übereinstimmung mit der Entscheidung aus der vorangegangenen Instanz ab.


Die Regeln der Charité

Für den Zutritt zum Sommerfest legte die Klinik fest, dass jeder Teilnehmer einen vollständigen Impfschutz (inkl. Auffrischungsimpfung, falls sechs Monate seit Grundimmunisierung bzw. Genesung vergangen sind) oder Genesung nachweisen musste. Zusätzlich war ein tagesaktuelles, negatives Antigen-Schnelltestergebnis erforderlich. Diese sog. 2G+-Regel kam in Deutschland erstmals im Zuge der Omikron-Welle im Herbst/Winter 2021/22 auf.


Entscheidungsgründe des LAG

Das LAG bestätigte die Entscheidung des AG, denn eine besondere Rechtsgrundlage für die Zugangsbeschränkung sei nicht erforderlich, da kein hoheitliches Handeln vorliege. Im Umkehrschluss müsste der Antragsteller also einen Anspruch darauf haben, ohne Einhaltung der 2G+-Regel an dem Fest teilnehmen zu können. Ein solche Anspruch existiere jedoch gerade nicht. Insbesondere stünde dem Antragsteller ein solcher nicht aus dem Landesantidiskriminierungsgesetz zu, da § 3 Abs. 1 LADG für öffentlich-rechtliche Körperschaften nur anwendbar sei, wenn Verwaltungshandeln vorliege. Die Veranstaltung einer Betriebsfeier sei davon gerade nicht umfasst. Auch aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) lasse sich kein Anspruch herleiten, denn der Antragsteller habe keine Benachteiligung in Bezug auf Merkmale aus dem AGG geltend gemacht, beispielsweise hinsichtlich einer etwaig bestehenden Behinderung, die eine Impfung unmöglich machen würde. Ebenso sei der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Dieser besagt, dass eine Gruppenbildung in Bezug auf die Gewährung von Leistungen nur vorgenommen werden darf, sofern sie sachlich gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund folge nach Ansicht des LAG bereits aus dem § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG). Für Beschäftigte in Kliniken gebe es gesteigerten Anlass für Schutzmaßnahmen. Schließlich sei es für das Infektionsrisiko vollkommen unerheblich, ob Zusammenkünfte des Krankenhauspersonals bei Arbeit oder bei einer Betriebsfeier stattfinden.


Fazit und Ausblick

Das Urteil hat eine gewisse Signalwirkung. Selbst im dritten "Corona-Jahr", sogar im Sommer, werden harte Corona-Regeln aufrechterhalten und gerichtlich verteidigt. Das ist auch notwendig, denn man bekommt in diesem Jahr das Gefühl von vielen Seiten, dass COVID-19 plötzlich weg sei, nicht zuletzt aufgrund der entfallenen Maskenpflicht. Dabei geht es bei den Schutzmaßnahmen gar nicht darum, den Menschen etwas verbieten zu wollen, sondern darum, Menschen zu schützen. Vielleicht rüttelt das Urteil den ein oder anderen auch wieder wach. Denn Corona ist nicht vorbei, ganz im Gegenteil: COVID-19 wird nicht verschwinden - darin sind sich die meisten Virologen einig. Ziel ist der Zustand der Endemie, im Grunde also ein Leben mit dem Virus wie mit jedem anderen Virus auch, seien es andere Coronaviren, Grippeviren oder viele andere. Wir sind auf einem guten Weg dahin, auch dahingehend stimmen die Virologen überein. Wie viele Menschen an COVID-19 auf diesem Wege jedoch noch sterben oder schwer erkranken werden, liegt bei uns als Gesellschaft und bei jedem Menschen selbst.



Bickenbach, den 07.07.2022

Mitgeteilt von
Praktikant Sven Bickel
Dingeldein • Rechtsanwälte

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