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Rückzahlungsklausel für Aus- und Weiterbildungskosten

Arbeitgeber vereinbaren mit ihren Arbeitnehmern häufig und gerne Rückzahlungsklauseln für die von ihnen finanzierten Kosten einer Aus- oder Weiterbildung. Dabei bereiten die rechtswirksame Ausgestaltung der Rückzahlungsklauseln nicht selten Probleme. Ist die Rückzahlungsklausel unwirksam, kann dies für den Arbeitgeber erhebliche finanzielle Folgen haben (Alles-oder-Nichts- Prinzip).


Sinn und Zweck einer Rückzahlungsklausel

Arbeitgeber haben ein wirtschaftliches Interesse daran, Arbeitnehmer, denen sie vollständig oder zum Teil Aus- und Weiterbildungskosten finanziert haben, an das Unternehmen zu binden. Sinn und Zweck dahinter ist, dass der Arbeitgeber möglichst langfristig einen Nutzen an den vom Arbeitnehmer erworbenen Qualifikationen, sei es im Rahmen eines Studiums oder einer Weiterbildung, erzielen möchte.

Häufig vereinbaren daher Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, denen sie eine Aus- oder Fortbildung finanzierten, eine anteilige Rückzahlung der Ausbildungskosten, sollten sie vor Ablauf einer bestimmten Frist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden.

Rückzahlungsklauseln können einzelvertraglich vereinbart werden. Sie sind grundsätzlich zulässig und benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Das berechtigte Interesse des Arbeitgebers an der Bindung eines Arbeitnehmers fehlt jedoch dann, wenn die Fortbildungsmaßnahme keinen geldwerten Vorteil, beispielsweise neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt, für den Arbeitnehmer darstellt.

In der Regel stellen solche Rückzahlungsklauseln AGB dar. Daher sind die Grenzen der AGB- Kontrolle zu beachten; insbesondere dürfen Rückzahlungsklauseln nicht intransparent sein oder den Arbeitnehmer gar unangemessen benachteiligen, vgl. § 307 BGB. Die Bindung eines Arbeitnehmers an das Unternehmen muss daher in angemessenem Verhältnis zu den Aufwendungen des Arbeitgebers für die Aus- oder Fortbildung stehen.


Bindungsdauer

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) beurteilt die Angemessenheit der Bindungsdauer vorrangig nach der Dauer der Aus- oder Fortbildungsmaßnahme. Hinsichtlich der zulässigen Bindungsdauer hat das BAG daher Richtwerte gebildet. Diese dienen lediglich als Anhaltspunkte und sind keineswegs in Stein gemeißelt, da die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend sind.

Dauert die Aus- oder Fortbildung bis zu einem Monat, so kann der Arbeitnehmer bis zu sechs Monate an das Unternehmen gebunden werden. Bei einer Ausbildungsdauer von zwei Monaten verdoppelt sich die zulässige Bindungsdauer auf 12 Monate. Eine Bindungsdauer von bis zu 24 Monate kann bei einer Ausbildungsdauer von 3-4 Monaten zulässig sein. Liegt die Ausbildungsdauer bei sechs bis 12 Monaten kann eine Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen bis zu drei Jahre erfolgen. Dauert die Aus- oder Fortbildung mehr als zwei Jahre an, beispielsweise der Arbeitnehmer nimmt ein berufsbegleitendes Studium auf, liegt zu zulässige Bindungsdauer bei fünf Jahren.

Abweichungen von dieser "Faustformel" können aufgrund einzelfallbezogener Umstände gegebenenfalls eine kürzere oder längere Bindungsdauer rechtfertigen. Dabei stellt eine längere Bindungsdauer eher die Ausnahme dar. Einzelfallbezogene Umstände können beispielsweise die Höhe der vom Arbeitgeber getätigten Aufwendungen, die Zeiten der Freistellung des Arbeitnehmers oder der Umfang der dem Arbeitnehmer zufließenden Vorteil sein.

Eine längere Bindungsdauer bei einer kürzeren Aus- oder Weiterbildung kann beispielsweise dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber erhebliche Aufwendungen zwecks Fortbildung seines Arbeitnehmers getätigt hat. Dabei sind die tatsächlich erbrachten Aufwendungen des Arbeitgebers ins Verhältnis zu dem Bruttomonatsgehalt des Arbeitnehmers zu setzen. Schließlich müssen die Kosten der Aus- oder Fortbildung für den Arbeitgeber einen besonders erheblichen Aufwand darstellen.

Ist eine zu lange Bindungsdauer vereinbart, führt dies zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel. Damit scheidet ein Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers vollständig aus.


Kündigung: Aus wessen Sphäre?

Eine Rückzahlungsklausel muss beinhalten und danach unterscheiden, in wessen Sphäre der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der vereinbarten Bindungsfrist liegt. Die Rückzahlungsklausel ist dann unwirksam, wenn aus ihr hervorgeht, dass die Rückzahlung der Aus- oder Weiterbildungskosten bei jeder Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer vor Ablauf der vereinbarten Bindungsfrist fällig wird. Die Klausel muss nämlich danach unterscheiden, ob die Gründe für die Beendigung in der Sphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegen. Dies deswegen, da eine Rückzahlung nur dann in Betracht kommt, wenn die Gründe für die Kündigung in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen.


Zeitanteilige Reduzierung

Zur Wirksamkeit der Rückzahlungsklausel ist weiter Voraussetzung, dass eine zeitanteilige Reduzierung der Rückzahlungsverpflichtung während der vereinbarten Bindungsdauer vorgenommen wird. Dem Arbeitnehmer muss aufgrund seiner bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Betriebstreue die Möglichkeit eingeräumt werden, auf seine Rückzahlungsverpflichtung Einfluss nehmen zu können.

Für die Praxis gilt: Eine monatliche zeitanteilige Reduzierung sollte vorgenommen werden. Besteht beispielsweise eine zweijährige Bindungsdauer, so reduziert sich die Rückzahlungsverpflichtung für jeden Monat, in dem der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig ist, um 1/24.


Rückzahlungsverpflichtung muss für den Arbeitnehmer erkennbar sein

Eine Rückzahlungsklausel ist auch dann unwirksam, wenn die Höhe des Rückzahlungsbetrags für den Arbeitnehmer nach Grund und Höhe nicht erkennbar ist. Weiter ist zu beachten, dass der Arbeitgeber durch die Rückzahlung keinen finanziellen Vorteil erlangen darf, da der Rückzahlungsanspruch auf die tatsächlich entstandenen Aus- oder Fortbildungskosten begrenzt ist.



Bickenbach, den 29.04.2021

Mitgeteilt von
Ref. Gülsah Bucak
Dingeldein • Rechtsanwälte

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