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Reform des Unfallflucht-Tatbestandes

Die Reform der in § 142 Strafgesetzbuch ("Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort") normierten, sogenannten Unfallflucht wird unter Verkehrsrechtlern bereits seit Jahren diskutiert. Nach dieser Vorschrift macht sich auch derjenige strafbar, der auf einem Parkplatz nur einen geringen Schaden an einem anderen Fahrzeug verursacht und dann nicht auf den Geschädigten wartet oder die Polizei ruft.


Die Meinung von Expertengremien

Noch auf dem 56. Verkehrsgerichtstag Goslar in 2018 sprachen sich die Experten dafür aus, dass die Unfallflucht auch bei Blechschäden strafbar (typischerweise mit Geldstrafe sanktioniert) bleiben soll. Die zusätzlich bei einem "bedeutenden Sachschaden" (ca. 1.500,00 €) als Sanktion mögliche Entziehung der Fahrerlaubnis solle es aber nach dem damaligen Rat der Experten nur noch geben, wenn Personen- oder Sachschaden ab 10.000,00 € entstanden ist.


Die Richtung der Politik

Die Ampel-Koalition hat sich bekanntlich vorgenommen, das Strafrecht von aus ihrer Sicht überflüssigen Straftatbeständen zu befreien. Bundesjustizminister Buschmann (FDP) will nun den Straftatbestand der Unfallflucht entschärfen. Solange kein Personenschaden entsteht, sollen Verursacher einen Unfall melden, machen sich aber nicht strafbar, wenn sie nicht am Unfallort warten.

Laut Bundesministerium der Justiz (BMJ) bestehen bürgerseits erhebliche Unklarheiten. Tatsächlich sind Autofahrer immer wieder ratlos sind, wie sie sich nach einem "Parkplatzrempler" bei einem kleinen Blechschäden korrekt verhalten sollen. Wie lange muss auf den Geschädigten gewartet werden? Oder muss sogar die Polizei informiert werden und dann auf diese gewartet werden?

Das BMJ ist daher der Auffassung, dass diese "unsichere Rechtslage" besonders für juristische Laien misslich sei, zumal sich Unfallbeteiligte nach einem Verkehrsunfall oft in einem psychischen Ausnahmezustand befänden. Es stelle sich daher die Frage, ob der Gesetzgeber es immer noch für angemessen halten soll, dass ein Strafverfahren bei reinen Sachschäden einzuleiten ist.

Alternativ wäre nämlich eine bußgeldbewährte Meldepflicht möglich.


Die Beurteilung durch die Verbände

Einige Verbände reagierten bisher im Wesentlichen zugunsten einer Entkriminalisierung bei Bagatellunfällen: "Wer unverzüglich den Unfall bei der Polizei anzeigt, alle relevanten Daten zur Verfügung stellt und sich dann nach einem leichten Schadensfall entfernt, sollte nicht unbedingt bestraft werden müssen", meint etwa die Polizeigewerkschaft GdP. Eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit reiche aus.

Auch der Deutsche Anwaltverein (dort DAV-Ausschuss Verkehrsrecht) stimmt mit den Plänen des BJM überein: Die Strafandrohung diene allein dem Schutz zivilrechtlicher Ansprüche der Geschädigten. Zivilrechtliche Ansprüche mit der 'Keule des Strafrechts' zu sichern, erscheint allerdings nur in Extremfällen sinnvoll – etwa, wenn es um erhebliche Personenschäden geht. Das Nachtatverhalten sollte bei reinen Sachschäden nicht mehr strafrechtlich, sondern lediglich als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.


Fazit

Das BMJ wird nun wohl die Stellungnahmen der Verbände und Länder auswerten. Diese wurden bis zum 23. Mai um Bewertung gebeten. Ein erster Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung der Unfallflucht liegt daher noch in weiter Ferne.



Bickenbach, den 27.04.2023

Mitgeteilt von
RA Stefan Krump
Dingeldein • Rechtsanwälte

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