Ein Betriebsrat bekommt eine betriebsbedingte Kündigung einer Mitarbeiterin vonseiten des Arbeitgebers vorlegt mit der Bitte um Stellungnahme. Zur Begründung der Kündigung wird angeführt, dass die Position der Mitarbeiterin aufgrund eines Firmenkaufs ersatzlos entfallen sei.
Dem Betriebsrat reichen jedoch die vorlegten Argumente des Arbeitgebers nicht aus. Er möchte dem Arbeitgeber vergleichbare Positionen aufzeigen und nachfragen, weshalb keine Sozialauswahl getroffen wurde.
Könnte der Betriebsrat durch Stellung von Rückfragen die Anhörungsfrist (bei ordentlichen Kündigungen eine Woche; bei außerordentlichen Kündigungen drei Tage) ausdehnen? Dies dürfte wohl zu verneinen sein. Das heißt ein Abwarten bis kurz vor Fristende, um dann noch Fragen zu stellen, wird nicht zu einer automatischen Verlängerung der Anhörungsfrist führen. Das Gesetz sieht diese Möglichkeit nicht vor. Eine kulanzhalber vorgenommene Verlängerung des Arbeitgebers ist dagegen selbstverständlich möglich.
Ist es für den Arbeitgeber dennoch riskant, die Kündigung auszusprechen, ohne die Fragen des Betriebsrates zu beantworten? Dies dürfte zu bejahen sein, sofern der Betriebsrat nicht umfassend informiert wurde. Werden dem Betriebsrat also Informationen vorenthalten, ist die Rechtsfolge ein Anhörungsfehler. Somit könnte der Betriebsrat die Kündigung formal unwirksam werden lassen.
Nimmt der Betriebsrat die Möglichkeit eines Vergleichs im Kündigungsschutzprozess, wenn solche Fragen bereits vorab ausführlich geklärt werden? Das ist schwer einzuschätzen. Klar ist, das Risiko besteht. Man hat im Kündigungsschutzprozess dieses Druckmittel dann ggf. nicht mehr zur Verfügung. Allerdings dürfte es in aller Regel möglich sein, individuell die Kündigung anzugreifen und auch anderweitig Unwirksamkeitsgründe zu finden.
Bickenbach, den 19.08.2024
Mitgeteilt von
Rechtsreferendar Sven Bickel
Dingeldein • Rechtsanwälte
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