Wenn ein Arzt auf dem Fahrweg zur Rettung eines Patienten das Tempolimit überschreitet, kann eine Ordnungswidrigkeit verhängt werden. Es liegt nämlich kein Notstand als Rechtfertigungsgrund vor, wenn der Fahrer "zu langsam zu schnell fährt" und damit nicht genügend Zeit durch das zu schnelle Fahren gespart hat.
Eine Mitarbeiterin eines mobilen Pflegedienstes fuhr mit ihrem Dienstfahrzeug in einem Notfall zu einem Patienten, der aufgrund seiner Lungenkrebserkrankung an akuten Atemproblemen litt. Auf dem Weg dorthin fuhr sie acht km/h zu schnell und wurde geblitzt. Ihr Arbeitgeber, der das Knöllchen erhielt, legte Rechtsmittel gegen den behördlichen Bescheid ein und berief sich für die Mitarbeiterin auf den rechtfertigenden Notstand. Das angerufene Gericht beschäftigte sich mit der Frage, ob die Mitarbeiterin bzw. deren Chef wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung 30 Euro Strafe zahlen muss oder nicht.
Das OLG Düsseldorf entschied, dass sich die Mitarbeiterin nicht auf § 20 (den rechtfertigenden Notstand) berufen konnte, und somit die Geldstrafe von 30 Euro bezahlen muss. Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung von acht km/h zu wenig war, dass diese eine Zeitersparnis erbracht hätte, um schneller beim Patienten anzukommen. Damit erfüllt eine geringe Geschwindigkeitsüberschreitung nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Notstandes, der eine Geschwindigkeitsüberschreitung ausnahmsweise ohne Verhängung einer Ordnungswidrigkeit gerechtfertigt hätte.
Die gerichtliche Entscheidung ist fragwürdig, da sie im Ergebnis beinhaltet, dass ein rechtfertigender Notstand nur bei hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen greift. In der Regel können Verkehrsteilnehmer allerdings nicht das Tempolimit enorm überschreiten, ohne andere Leute im Straßenverkehr zu gefährden.
Bickenbach, den 27.01.2025
Mitgeteilt von
Schülerpraktikant Florian Gehre
Dingeldein • Rechtsanwälte
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