Will ein Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen, so hat er zuvor eine Sozialauswahl vorzunehmen. § 1 Abs. 3 KSchG schreibt diese Sozialauswahl grundsätzlich zwingend vor und gibt insofern auch die Kriterien vor:
Es gibt jedoch drei Fälle, in denen eine Sozialauswahl entbehrlich ist: Betriebsschließung und Unversetzbarkeit
Eine Sozialauswahl ist bereits aus der Natur der Sache heraus dann entbehrlich, wenn der komplette Betrieb geschlossen wird. Werden alle Arbeitnehmer entlassen, besteht keine Möglichkeit der Auswahl. Zu beachten ist jedoch, dass wenn eine Betriebsschließung in Etappen stattfinden soll, lediglich bei der letzten Etappe die Sozialauswahl entfällt, wenn also die restlichen verbliebenen Mitarbeiter entlassen werden.
Grundsätzlich ist eine Sozialauswahl auch dann unmöglich, wenn ein Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen gekündigt werden soll, der Kraft Arbeitsvertrages lediglich auf einem bestimmten Arbeitsplatz eingesetzt werden kann, der Arbeitgeber ihn also nicht versetzen kann. Diese Annahme fehlender arbeitsvertraglicher Versetzungsmöglichkeit steht jedoch regelmäßig auf rechtlich wackligen Beinen. Denn regelmäßig heben die Arbeitsgerichte das Versetzungsrecht des Arbeitgebers, welches Ausfluss des Weisungsrechts des Arbeitgebers nach § 106 Gewerbeordnung ist, hervor. Kann ein Arbeitgeber versetzen, so muss er das als milderes Mittel zur Vermeidung einer Kündigung folglich auch tun.
In Kleinbetrieben ist gemäß § 23 Abs. 1 KSchG der allgemeine Kündigungsschutz nicht anwendbar. Daher ist auch § 1 KSchG nicht direkt anwendbar und keine Sozialauswahl im Sinne dieser Norm bei betriebsbedingten Kündigungen vorzunehmen. Jedoch sind auch die Arbeitgeber in Kleinbetrieben aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gegenüber den zu kündigenden Arbeitnehmern zur Wahrung eines gewissen Maßes an sozialer Rücksichtnahme gezwungen. Die Auswahlentscheidung unterliegt dabei jedoch nicht den strikten Vorgaben des § 1 KSchG, sondern ist gerichtlich lediglich darauf überprüfbar, ob sie gegen Treu und Glauben verstößt. Dabei werden sowohl das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes als auch das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers beachtet.
Bickenbach, den 22.07.2024
Mitgeteilt von
Rechtsreferendar Sven Bickel
Dingeldein • Rechtsanwälte
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